Unterwegs im Reich des Feuers

Unsere Zeit in Indonesien läuft ab. Es bleiben uns nur noch drei Tage - und die für Java! Wir haben diesmal ganz schön gebummelt. So nutzen wir die kurze Zeit, um uns zumindest den Bromo und seine nicht weniger spektakulären Vulkannachbarn näher anzusehen.

Launische Gebirgsluft

Basisstation für unsere Erkundungen ist "Yoschi`s", ein kleines Guesthouse am Fuße der Bromo-Caldera. Die Luft hier auf über 1500 Meter ist kühl und klar, die Nächte sind empfindlich kalt. Einen solchen Sternenhimmel und eine Milchstraße, die fast zwei Drittel des Himmels einnimmt, haben wir bisher noch nicht gesehen.
   Von Yoschi`s sind es nur wenige Kilometer hinauf zum Sandmeer, wie der etliche Quadratkilometer große Calderagrund des Bromo genannt wird.
   Zum ersten Mal gelingt uns das, was wir schon immer mal tun wollten und irgendwie nie geschafft haben: uns in ein richtig volles Bemo hineinzuquetschen. Tatsächlich hält eines an und nimmt uns mit. Zwei Männer klettern nach draußen und klammern sich an den Gepäckträger, damit wir einen Sitzplatz haben. Auf vier Bankreihen gepresst sitzen 24 Personen. Innen erfüllt von dickem Beedy-Qualm und außen von der Wolke des Auspuffs umhüllt quält sich der alte Mitsubishi Colt die steilen Serpentinen hinauf. Die Leute schwatzten fröhlich auf uns ein, und die von unserem Sitznachbarn angebotenen Nelkenzigaretten tauschen wir gegen zwei von unseren europäischen. Genau so haben wir uns das vorgestellt.

   Mangels sinnvoller Tourenplanung fällt unser Besuch des Sandmeers präzise auf die Mittagszeit. Trotz einer Höhe von fast 2000 Metern haben wir das Gefühl, auf dem Weg vom Calderarand hinunter in den Riesenkessel in einen Hochofen zu steigen. Bei sengender Gluthitze stapfen wir durch eine unwirkliche und zugleich faszinierende Mondlandschaft auf den noch einen Kilometer weit entfernten, weiße Rauchwolken ausstoßenden Bromo zu. Von oben schien er näher zu sein. Gleißendes Licht färbt alles um uns in helle Grau- bis Weißtöne, heiße Böen wirbeln kräftig Sand auf, und Windhosen umtanzen uns wie Gespenster. Eine sich auflösende Staubwolke enthüllt mit einem Mal vor uns eine riesige Tempelanlage. Im Vergleich zu den Bauwerken, die wir bisher kennengelernt haben, mutet dieser eher wie ein Kasernentrakt an. Ihn näher zu besichtigen haben wir keine besondere Lust, ebenso wenig wie den Bromo jetzt noch zu besteigen. Uns plagt Durst und der Sand in Mund und Ohren.

   Auf dem Weg zurück hinauf zum Calderarand überfällt uns eine kleine Gruppe von indonesischen Touristen. Jeder will sich mal mit Hans fotografieren lassen. Offenbar ist er mit seinen 1,87 ein begehrtes Motiv. Um Linda schert sich keiner - sie hat die einheimische Durchschnittsgröße.

Abschiedsgruß der Götter

Der Bromo ruft. Wir starten einen zweiten Anlauf am nächsten Morgen, diesmal im Jeep von Yoschi´s und zusammen mit sechs weiteren Gästen. Um drei Uhr Nacht bei glasklarem Sternenhimmel geht es los, für vier Personen gibt es Sitze, die vier anderen (darunter wir beide) kauern eingezwängt im Stauraum auf dem Blechboden. Unser Fahrer lässt kein Schlagloch aus, die hinteren Passagiere werden gehörig durchgerüttelt - zum Festhalten gibt es nichts. Als wir befestigte Straßen verlassen, tauchen wir übergangslos ein in eine dicke Nebelsuppe - es geht bergab, hinein in die Caldera. Zu sehen ist nichts außer den hüpfenden Kegeln des Scheinwerferlichts, das eineinhalb Metern vor uns von schwarzem Dunst verschluckt wird. Eine Gruppe eingemummter Wanderer stoppt uns und fragt nach dem Weg zum Bromo.

   Nach kurzer Odyssee durch Sand und Nebelschwaden steuern wir wieder höher gelegenes Terrain an - den Bromo-Viewpoint. Bis zum Sonnenaufgang warten wir allerdings noch eineinhalb Stunden bei frostigen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Zum ersten Mal mit dicken Pullovern bekleidet frieren wir wie die Schneider und beneiden die beiden cleveren Spanier, die ihre Bettdecken aus dem Hotel mitgenommen haben.

   Endlich zeigt sich ein erster rötlicher Schimmer am Horizont, eine lange und eisige halbe Stunde später die Sonne mit wärmendem Tageslicht. Aus einem Meer von Wolken ragen die höchsten Gipfel des gesamten Vulkanmassivs. Der Nebel, durch den wir vor wenigen Stunden geirrt sind, wirkt von hier oben wie ein riesiger Gletscher aus Watte, aus dem Bromokrater steigt eine Rauchsäule empor. Ein überwältigender Anblick! Und als wäre die Szene noch nicht beeindruckend genug, beginnt auch noch der alles überragende Semeru dicke Aschewolken in den Himmel zu blasen. Nach drei heftigen, von leisem Grummeln begleiteten Eruptionen ist der Zauber vorbei. Als hätten uns die Götter zum Abschied einen Gruß geschickt...

   Entsprechend motiviert und voller Schwung holen wir das nach, wovor wir uns am Vortag gedrückt haben: Wir laufen nochmal ausgiebig durch das Sandmeer, heute bei wesentlich angenehmeren Temperaturen, und schließlich die elend lange Treppe hinauf an den Kraterrand des Bromo. Sie führt wie die einer Mayapyramide senkrecht die Flanke nach oben. Unterwegs sitzt manch erschöpfter Wanderer - auch wir legen etliche Pausen ein, es wird auch langsam wieder ziemlich warm.
   Ein Weg auf schmalem Grat führt um den Krater herum.
Es gibt kein Geländer, keine Absicherung und auch keinen Menschen, der hier unterwegs ist. Wir bleiben auch lieber im Getümmel am Treppenende und begnügen uns mit dem Anblick hinunter in den 200 Meter tiefen, qualmenden Höllenschlund. Davon wird uns schwummrig genug.

   Fünf Wochen sind ins Land gezogen - von Indonesien haben wir nur einen kleinen Teil kennen lernen können. Aber wir sind uns einig: Wir kommen wieder - und zu Java wird es ganz sicher noch eine ausführlichere Geschichte geben.