Ein gänzlich unbeabsichtigter Aufenthalt

Unsere Reisepläne sahen ursprünglich vor, in Sape gleich einen Express-Bus nach Mataram/Lombok zu nehmen. Angeblich warten alle Busse auf die Fähre. So würden wir auch Sumbawa ein wenig kennen lernen, wenn auch nur durch Fensterscheiben und nicht eben auf die bequemste Art - die Fahrt dauert 24 Stunden.

Koloniales Flair

    Das Schiff von Komodo nach Sape benötigt einen guten halben Tag und ist restlos überladen. Die in einem freigeschaufelten Eck, der "Bordbar", angebotenen Sandwiches verkneifen wir uns lieber, und für zwei Pappbecher Kaffee stehen wir eine halbe Stunde in einem unsäglichen Gewimmel von Menschen an. Im Hafen kaum von Bord, fallen zahlreiche Busfahrer über die Passagiere her und scheuchen alle in die wartenden Fahrzeuge. Wir nehmen an, dass jeder Bus nach Bima fährt - etwas anderes gibt es hier eh`nicht. Eingequetscht zwischen Leuten, Kisten, Säcken und ungefedert holpern wir der Insel-Hauptstadt entgegen. Hans scheuert sich am Vordersitz fast die Knie wund. Hämische Freude breitet sich unter uns Fahrgästen aus, als wir einen Kollegen überholen, der am Straßenrand liegen geblieben ist. Fünf Minuten später zwingt ein hässliches Geräusch des Getriebes auch unseren Busfahrer zum Anhalten. Alle steigen aus, es wird geraucht und heftig diskutiert, aber bald geht es wieder weiter - war offenbar nichts schlimmes. Aber wir sind spät dran, und die Fahrt wird auf steiler, kurvenreicher und mit Schlaglöchern durchsetzter Straße in halsbrecherischem Tempo fortgesetzt.
   Busbahnhof Bima: Die Expressbusse warten schon. Jemand schreit lauthals: "Mataram!Mataram!You are too late!" Wir bedeuten dem Fahrer, dass wir mitwollen, aber unbedingt erst einmal eine Toilette aufsuchen müssten. Empört erklärt er, sowas gäbe es nicht bei ihm an Bord. Nach acht Stunden Reise von Komodo mit Schiff, Bus, Panne ohne Futter und Klo sind wir der Hektik müde. Wir bleiben über Nacht hier und fliegen nach Mataram.

   Wenn auch reichlich heruntergekommen und wohl Überbleibsel aus holländischen Kolonialherrschaftszeiten: Das Parewa-Hotel (vom Reiseführer empfohlen und eines der wenigen überhaupt) erscheint uns als Hort des Friedens. Anstelle des angebotenen kleinen Zimmers leisten wir uns eine so genannte VIP-Suite. Sie sieht genau so aus wie das besichtigte kleine Zimmer, verfügt aber über einen Wandteppich und TV. Uns ist alles recht: Hauptsache, wir haben Zugriff auf sanitäre Anlagen. Als einzige Gäste bekommen wir sogar noch etwas zu essen - im Speisesaal mit bröseliger Stuckdecke, Plastiktischen und -stühlen im schicken Holzdesign. Besonders dekorativer Blickfang: das zwischen zwei Fenstern angebrachte Waschbecken.


Sumbawa für Eilige

   Natürlich ist Merpati nach Mataram für den nächsten Tag ausgebucht, aber Tickets für übermorgen Früh sind noch zu haben. Kim, der hoteleigene Taxifahrer schlägt uns eine Rundfahrt durch Stadt und nähere Umgebung vor, eine prima Idee, und die Zeit hier ist auch sinnvoll genutzt. Eigentlich möchte er sich ja das heute stattfindende Pferderennen ansehen, aber Geschäft ist Geschäft.
   Unsere Tour beginnt beim Sultanspalast. Seinerzeit sicher stolzes Prunkstück, präsentiert er sich heute eher sehr bescheiden und restlos ausgeplündert bis auf einige wenige unattraktive Relikte in verstaubten Schränken. Offenbar ist er die einzige Sehenswürdigkeit von Bima, denn jetzt fahren wir hinaus aus der Stadt.

   Von unerwartet zauberhafter Seite zeigt sich die Insel, hat man die letzten Häuser von Bima hinter sich gelassen. Vorbei an Reisfeldern, über dicht bewaldete Hügel bis an einen sich sanft durch ein weites Tal schlängelnden Fluss führt unser Weg. Vom Anblick dieses verzaubert wirkenden Ortes in unwirklich leuchtendem Grün können wir uns lange nicht losreißen. Man möchte sich am liebsten einfach in diese Landschaft hineinfallen lassen.

    Weniger anheimelnd gelegen ist ein traditionelles und mittlerweile verlassenes Dorf, das wir anschlie-
ßend besuchen. Der prallen Sonne ausgesetzt und auf staubigem, nackten Boden drängen sich die winzigen Hütten auf einem wohl schon vor langem kahl geschlagenen hügeligen Gelände. Kleine Kinder laufen uns entgegen und fragen nach Buntstiften - gottseidank haben wir zumindest einen Filzstift dabei und ein paar Pfefferminz-
Bonbons. Hunde und Hühner scharren in einer Grube mit Abfällen nach etwas Fressbarem. Trotz bedecktem Himmel ist die Hitze hier unerträglich. Wir beschränken uns auf einen knappen Rundgang um die alten Hütten und setzen ganz schnell unsere kleine Ost-Sumbawa-Blitztour fort.



    Um einiges spannender finden wir es, dem Treiben auf einer Baustelle zuzusehen. Kim wäre glatt vorbeigefahren. Wie ein Haus mit Hilfe der alten Eimerkette hochgezogen werden kann, bekommen wir auch nicht alle Tage zu sehen. Hans ist leicht verstört, als ein alter Mann plötzlich seine Hand ergreift und sie herzlich drückt und ausgiebig schüttelt (unser Hausarzt hatte uns noch geraten, Handkontakt aus hygienischen Gründen tunlichst zu vermeiden).

   Einkehr zum Mittagessen in ein kleines Warung (einfaches kleines indonesisches Lokal): Wir waschen uns als erstes die Hände - hätten wir sowieso gemacht. Trotz ausdrücklicher Bitte, die Cola ohne Eis zu servieren (auch darauf soll man ja in diesen Breiten achten), bekommt Hans ein Glas mit faustgroßem Eiswürfel. Beim Einschenken fällt - von wo auch immer - irgend etwas ins Getränk. Wir können nicht erkennen, was es ist. Ohne zu zögern fischt unsere Bedienung das Ding mit ihren Fingern wieder raus. Linda teilt ihre warme Zitronenlimo bereitwillig.

    Wenige Kilometer weiter führt uns Kim durch eine Schmiede. Sehr interessant, freundliche Leute, die uns Tee anbieten. Wäre da nur nicht der Junge, der über einem eisernen Ofen sitzt und ununterbrochen einen riesigen Blasebalg tritt, damit das Feuer unter ihm nicht ausgeht. Älter als zehn Jahre ist der Kleine sicher nicht und er sieht sehr müde aus.
    Nächste Station: eine Schreinerei. Hier werden wir von den Besitzern persönlich unter die Fittiche genommen. Stolz zeigen sie uns Tische und Stühle, hauen mit schweren Hämmern gegen Türen und auf Sitzflächen, damit wir sehen können, wie solide hier gearbeitet wird. Zum Schluss stellen sie sich noch vor ihrer Werkstatt für ein Foto in Pose.

   Wie es mit einem erfrischenden Bad an einem der beliebtesten Ausflugsziele der Gegend so aussieht, will Kim wissen. Warum nicht. Er stoppt auf einem öden, staubigen Parkplatz, davor ein steiniger Zweimeterstreifen Strand - das Ausflugsziel -, übersät mit Plastikflaschen, Papier und anderem undekorativen Abfall. Tatsächlich plantschen viele Leute in einer knietiefen, brackigen Brühe. Kim macht einen ziemlich enttäuschten Eindruck, als wir nun anstatt zum Schwimmen irgendwo anders ans Meer möchten.

   So endet unsere ansonsten recht interessante und infor-
mative Rundfahrt eher unspektakulär am Hafen von Bima. Wir gucken uns die paar vor Anker liegenden Holzschiffe an, eines davon die "Bintang". Was dieses Boot mit dem gleichnamigen Bier zu tun hat, wollen wir von Kim wissen. "Bintang" ist gleichbedeutend mit "Stern" oder "etwas hell Strahlendes", erklärt er. Welch poetischer Name für diesen Kahn.
   Zusammenfassend können wir unserem Reiseführer nur zustimmen, der
im Kapitel Sumbawa unter Anderem schreibt: "Von der einstigen Größe des Sultanats Bima ist nichts mehr zu spüren." Wie wahr!