La Ruta de Castillos

Novelda

Novelda selbst, die "Perle des Jugendstils", finden wir ganz problemlos. Kein Kunststück, es liegt direkt an der A 31 nach Madrid. Die Anfahrt zum 3 Kilometer nördlich gelegenen La Mola Berg mit Burg und Santuario, der Jugendstilkirche Santa Maria Magdalena, gestaltet sich etwas schwieriger - über das erste Hinweisschild vor Ort freuen wir uns, ein weiteres vermissen wir dann schmerzlich.
Eine knappe Dreiviertelstunde später können wir dann endlich das Santuario bestaunen, das zwischen 1915 und 1945 vom einheimischen Architekten und Gaudi-Schüler Jose Sala Sala erbaut wurde. Ob es an den unterschiedlichen Baumaterialen der Fassaden liegt - Fliesen, Ziegeln, Mosaiken und Geröll aus dem Fluss Vinalopo - wissen wir nicht. Aber irgendwie erinnert uns das Bauwerk an eine aus nassem Sand hingeträufelte Strandburg oder an ein Zuckerguss-Kunstwerk. Apart und sehenswert finden wir auch die Orgel, die komplett aus dem Marmor dieser Gegend gebaut wurde. Novelda gehört zu den weltgrößten Marmor-Produktionszentren. Riesenbrocken dieses Edel-Gesteins - grob behauen oder bereits angeschliffen, in dunkelroten, weißen und bläulich-grünen Farbtönen - können wir später direkt an der Ausfallstraße in Richtung Petrer bewundern.

Direkt hinter dem Santuario liegt die Almohaden-Burg La Mola aus dem 12. Jahrhundert. Markenzeichen ist ihr dreieckiger Turm, der allerdings erst im 14. Jahrhundert und unter christlicher Herrschaft errichtet wurde. Der Turm ist zu besteigen - nichts für Klaustrophobiker, gottlob sind wir keine, und besser mit Taschenlampe, die wir natürlich nicht dabei haben: Die Treppenaufgänge sind eng und nahezu stockfinster. Belohnt werden wir aber mit einem fantastischen Rundumblick - auf die eigenwillige Kirche, auf Novelda und weit hinein ins umliegende Hochland, die Meseta.

Petrer

Einen herrlichen Panoramablick auf den recht weitläufigen Doppelort Elda-Petrer können wir vom Castillo de Petrer (aus dem 12./13. Jahrhundert) genießen. Die Besichtigung der Burg, seinen berühmten Saal mit Tonnengewölbe oder den Waffenhof mit Zisterne nicht - es ist kurz nach 14 Uhr und die Burg bereits dicht. Dennoch verweilen wir hier länger, zu nett sind die Einblicke ins arabisch anmutende Altstadtleben mit seinen winzigen, eng aneinandergeschmiegten Dachterrassen, teils liebevoll möbliert, blumengeschmückt, mit bunten Brieftaubenkästen oder lustig im Wind flatternder Wäsche.

Die Landstraße in Richtung Sax verfehlen wir irgendwo im Ort und landen am Ufer des Vinalopo. Hätten wir sie gefunden, wäre uns hier der hübsche dunkelrote Marmor in natura entgangen, aus dem hier fast die komplette Steilwand des Flussufers besteht. Und auch die Höhlenwohnungen, die hier unterirdisch und in die Felsen gebaut wurden - in ihrer Gesamtheit eine ziemlich chaotische kleine Siedlung, jedoch teilweise auch sehr phantasievoll und künstlerisch ambitioniert gestaltet.

Sax

Wie überall bereits von Weitem zu sehen, vor Ort zum Greifen nahe, jedoch unerreichbar, da irgendwo die Beschilderung aufhört: die Burg von Sax (7. Jahrhundert). Sie thront majestätisch auf einem gigantischen langgezogenen Bergrücken über der gleichnamigen Stadt. Folgt man den Wegweisern zum Industriegebiet und dem Reclyclingpark (nicht so beabsichtigt, nur ein neuer Anlauf um den Burgberg) liegt mit einem Mal linker Hand ein Parkplatz, von dem aus eindeutig ein Wanderweg bergan zur Burg führt. Es ist 16.30, also eine halbe Stunde nach klassischer Nachmittags-Öffnung der lokalen Burgen. Dennoch stehen wir nach etlichen steilen Serpentinen durch einen Pinienhain dann vor kommentarlos verschlossenem Tor. Schade. Trotzdem wie immer der Superblick oben am Castell auf beidseitig steil abfallendem Grat. Ortsseitig gibt's eine abenteuerliche Metalltreppe, die recht direttissima den Berg hinauf- bzw. hinunterführt. Gottseidank haben wir diesen Zugang vorhin nicht gefunden. Lange bleiben wir nicht, es ist ziemlich zugig.

Nach einem missglückten Anlauf auf unser nächstes Ziel, Villena, - falsche Autobahn erwischt, für die Burg dort dann zu spät und an keinem einzigen Hotel vor Ort vorbeigekommen - kehren wir nach Sax zurück und im offenbar einzigen Hotel dort ein. Ein guter Griff: direkt unterhalb der Burg gelegen, hübsches Zimmer mit Burgblick und Restaurant. Allerdings bilden wir uns ein, irgendwo im Ort ein landestypisches Essen in einer urigen Tapa-Bar oder Taverna einzunehmen. Nach einem dreiviertelstündigen Marsch durch Sax, vorbei an zahlreichen Kneipen, die aber alle geschlossen sind, schleppen wir uns mittlerweile reichlich fußmüde wieder ins "Fuente El Cura" zurück. Die Taverna bietet zwar eher das Hotel-übliche wie Steaks mit Chips, aber wir sind hungrig, unser Ober ist total nett und der Wein schmeckt gut.

Castalla

Neuer Tag, neue Burg: Castalla. Nicht neu sind die nicht vorhandenen Wegweiser zur Burg. Ein erster Anlauf steil bergan durch enge Gassen endet irgendwann und wir müssen umdrehen. Der Mann bei der Touristeninfo im Ortszentrum ist rührend, drückt uns jede Menge Prospekte in die Hand und lässt uns wissen, dass wir irgendwo weiter oben einen Schlüssel für den Fußweg zur Burg ausgehändigt bekommen, zurzeit aber die Burg nicht zugänglich ist, da Baustelle.
Wir ersparen uns den offensichtlich sehr langen Fußmarsch hinauf und laufen lieber durch die Altstadt, die sich überhalb des Rathausplatzes und einer menschenleeren Hauptstraße, der Calle Major, ebenfalls als einzige Baustelle entpuppt. Fassaden sind verhängt, Baufahrzeuge stehen in Gassen, hinter provisorischen Sperren reißen Arbeiter die Wege auf. Ziemlich ungemütlich. Zwischen eng aneinanderliegenden Häuserzeilen eröffnet sich ab und zu ein flüchtiger Blick auf das Castell. Mehr ist hier nicht zu holen. Später, als wir aus dem Städchen weiterfahren in Richtung Biar, sieht die Anlage aus der Ferne eigentlich recht imposant aus.

Biar

Dass wir auf unserer Burgentour doch nochmal eine Burg von innen zu sehen bekommen, darauf hätten wir nicht mehr gewettet. Doch unsere letzte Station, Biar, ist ein Volltreffer. Zwar erreichen wir nach einer Fahrt durch eine zauberhafte, hügelige und bewaldete Landschaft den Ort erst kurz nach Mittag - vor uns noch die übliche, beschwerliche Suche nach einer Zufahrt auf den Burgberg - aber bis zur 14-Uhr-Siesta ist's ja noch lange hin. Natürlich finden wir auch hier einmal, aber danach nie wieder ein Hinweisschild, hier sind die Gassen allerdings um einiges enger als bisher. Knapp unterhalb der Burg sind wir gezwungen, auf Steilgelände und um ein enges Eck zu wenden und umzukehren. Eine alte Frau in einer Haustür grummelt irgendwas über bescheuerte Touristen. Ein netter Mann allerdings bietet uns Geleitschutz zum Burg-Parkplatz an und wir zockeln hinter ihm her - durchs Gassengewirr rund um den Burgberg auf die andere Ortsseite bis hinauf zum Castell. Schneller als sonst noch die obligatorischen letzten Serpentinen zu Fuß bewältigt - um 10 Minuten vor zwei sind wir am Eingang und der ist geöffnet.
Die Dame an der Kasse ist über unser Eintreffen nicht sehr begeistert - sie packt gerade Sachen in ihre Handtasche. Ein Euro kostet der Eintritt, drei Stockwerke geht's den Turm hinauf auf eine Aussichtsplattform, wir sollen uns aber beeilen - um 14 Uhr wird geschlossen, mit der Eintrittskarte können wir gerne auch um 16 Uhr wiederkommen. Diesmal in bestens ausgeleuchtetem Aufgang erklimmen wir wieder mal zahllose Stufen. Im ersten Stock gibt' einen kleinen möblierten Raum mit sehr hübschem, gekreuzten Bogengewölbe zu sehen, von der Plattform ganz oben einen phantastischen Rundumblick auf das Örtchen inmitten der hügeligen Landschaft. Das Vergnügen ist kurz - die Dame vom Eingang kräht von weit unten, sie müsse jetzt das Tor schließen und wir sollen schnell hinunterkommen. Außerdem hat ihr Sohn heute Geburtstag...

Biar ist mit Abstand das netteste und lebendigste Örtchen auf unserer Tour. Mit Restaurants, die geöffnet haben, hübschen Einblicken in blumengeschmückte gepflegte Gässchen - und einer morgenländischen Platane, über 200 Jahre alt, mit sechs Metern Durchmesser, 26 Meter hoch und die Baumkrone 30 Meter breit. Sie ist unser letzter Stopp, leicht zu finden, da am Ortsrand, jedoch nicht ohne vorher im engen Gassenlabyrinth erneut unserem Burglotsen zu begegnen, der schnell Gas gibt, als er uns erkennt.