Death Valley - Kingman - Tucson - Saguaro National Park - Kitt Peak Observatorium

Zauberhafte Wüste Death Valley

Dass wir hier im Südwesten der Staaten landen würden, hätten wir im Januar noch nicht gedacht - da wälzten wir noch Reiseführer über Zimbabwe. Vielleicht war's die Doku über den Grand Canyon, das Death Valley oder die Sonora-Wüste: Jedenfalls standen mit einem Mal die USA ganz oben auf unserer Urlaubs-Wunschliste. Und so ist's nun die Reise in das Land der grandiosen Kulissen geworden, inmitten derer John Wayne anno dazumal seine Schlachten siegreich ausfocht und dem Sonnenuntergang entgegenritt.
   Ob er jemals im Death Valley gedreht hat, wissen wir nicht. Mit Sicherheit hat er nicht vorher wie wir nach nächtlicher Landung in Las Vegas in einem der Motel 6 logiert. Linda hat es auch noch ganz akribisch online gebucht, damit man ja nicht lange vor Ort rumsuchen muss. Als sie vor 25 Jahren in den Staaten unterwegs war, war's stets ganz ordentlich und vor allem günstig. Das ist es heutzutage auch noch. Aber wir werden den Eindruck nicht los, dass man als Reisender hier wirklich nur noch im ausgesprochenen Notfall absteigen sollte.

   Nach morgendlicher Flucht und Übernahme unseres Mietwagens lassen wir - trotz x-spuriger verstopfter Highways - die Lichter der Stadt erfreulich zügig hinter uns und steuern unter strikter Einhaltung der Speedlimits - entdeckte Überschreitungen ziehen drakonische Strafen hinter sich - das Tal des Todes an. Manch skurrile Schilder am Straßenrand sorgen für Kurzweil: eines, das auffordert, betrunkene Fahrer unverzüglich unter der Nummer soundso zu melden, oder die kleinen blauen "Adopt a Highway". Wir haben einige Zeit gebraucht, bis wir die eigentlich sehr rührende Idee dahinter begriffen haben, nämlich geliebte Verblichene hier zu verewigen. Wir nehmen an, dass sie nicht zwangsläufig an den betreffenden Stellen umgekommen sein müssen.
   Den Nationalpark betreten wir ungewollt als Schwarzfahrer. Das Häuschen, vor dem ein Schild auffordert, hier die Eintrittsgebühr zu entrichten, ist unbesetzt. Wir gesellen uns zu der kleinen Gruppe Leute am einzigen Zahlautomaten. Ratlos treten alle vor uns, Franzosen, Schweizer wie Deutsche wieder beiseite. Er funktioniert offenbar nicht. Egal, wir können das ja später in Furnace Creek im Visitors Center erledigen.
   Unterwegs führt ein Abstecher durch bunte Wildblumenwiesen, entlang bizarrer Felsformationen und einer immer steiler und enger werdenden Passstraße hinauf zum Aussichtspunkt Dante's View. Wie schön, dass wir kein Wohnmobil haben - das müsste unten bleiben, wie entsprechende Schilder mahnen. So hätten wir jetzt auch einen ausgesprochen gelungenen Einstieg unseres Besuchs hier verpasst: den grandiosen Blick von oben auf das weit unter uns liegende Death Valley mit seinen typischen Salzablagerungen, überragt vom uns genau gegenüber liegenden schneebedeckten Telescope Peak.
   Nach einer recht ausgiebigen Wanderung hier oben, die so gar nicht vorgesehen war - eigentlich wollten wir nur mal kurz runtergucken - tauchen wir nun richtig ein in die zauberhafte Wüstenlandschaft. Wenn auch als Badlands bezeichnet: Zabriskie Point mit seinen von äonenlanger Erosion gemeißelten Lehmformationen finden wir einfach nur umwerfend - vor allem jetzt im spätnachmittäglichen Licht. Das gängige Symbol dieses Orts, die haifischzahnartige Bergspitze auf der Talseite, liegt mittlerweile im Schatten.



   Wohltuend gemütlich - wenn auch im Lauf der Jahre mutiert zu einem quirligen Touristenressort - ist unsere Bleibe für die nächsten zwei Nächte die Furnace Creek Ranch. Unseren Balkon - beim Frühstückskaffee Blick auf die hübsche Oase, umliegende Berge, vorbeisausende Kojoten und Golfer in ihren Caddies - würden wir auf unserer weiteren Reise noch schwer vermissen.
   Unser erster Gang heute ist der zum Visitor Center - wir müssen die Parkgebühren zahlen. In die unendliche Warteschlange, die bis über die Außentreppe reicht, reihen wir uns nicht ein und probieren es doch wieder am Automaten. Nach drei Versuchen, bei denen jeweils eine Business-Freikarte für drei Tage ausgespuckt wird, geben wir entnervt auf, packen die Tickets ins Handschuhfach und fahren los.
   Wieder mal längere Zeit als geplant verbringen wir mit der Wanderung entlang des Salt Creek, keine 20 Kilometer nördlich von Furnace Creek. Dank der Jahreszeit ist er gefüllt mit glasklarem, blau schimmerndem Wasser. Und da schwimmen sie glatt, die winzigen Objekte der Begierde, derentwegen wir hier sind: Pupfische. Die kleinen Vier-Zentimeter-Kerle vertragen bis zu vier Mal höhere Salzgehalte, wie sie im Meerwasser üblich sind, und extrem hohe Wassertemperaturen. Es sind zwar nicht die sensationellen Teufelskärpflinge aus dem hiesigen Devils Hole - an die kämen wir eh' nicht ran - aber immerhin Wüstenfische - die sieht man auch nicht alle Tage. Wir fragen uns, was wohl so alles auf dem Speiseplan der Stelze steht, die emsig am Ufer entlangsaust.
   Leider ist's punkt zwölf Uhr, als wir die Sanddünen bei Stovepipe Wells erreichen - ungünstigstes Fotolicht und viel zu heiß, um hier im Gelände herumzusteigen. Wir beschließen später zurückzukommen, nach unserer Fahrt in den Norden zu Scotty's Castle und dem Ubehebe Crater.
   Ob Scotty's Castle allein den weiten Weg von über 70 Kilometern dort hinauf wert ist, darüber mag man streiten. Lohnend in jedem Fall, sofern schon mal hier, ist der Besuch der hiesigen Restrooms, die im Gegensatz zu anderen im Park sehr erfreulich und geruchsneutral sind. Ein Highlight versöhnt mit dem ansonsten für uns eher entbehrlichen Aufenthalt an diesem Ort: die erste Sichtung eines Kolibris.

   Wesentlich reizvoller als die kleine Geschmacksverirrung eines Chicagoer Millionärs namens Albert Johnson - Scotty, ein etwas zwielichtiger Kumpel, hat sie ja nicht mal errichtet, sondern nur zu ihrem Bau animiert - finden wir den Ubehebe-Krater ("Ubehebe" ist Shoshone und bedeutet "Korb"). Dafür hat sich die Fahrt herauf nun wirklich gelohnt - so lieben wir das Death Valley! Unwirklich schöne Landschaft, diesmal wieder ganz anders als bisher: endlose schwarze Aschefelder, auf denen sich in den drei Jahrhunderten seit dem Ausbruch eine spärliche, aber knallgrüne Vegetation aus diversen Gräsern und Büschen ausgebreitet hat.
   Da die Stovepipe-Wells- Dünen bei Sonnenuntergang sicher noch hübscher aussehen, heben wir sie uns als letzten Programmpunkt für heute auf - jetzt geht's in den Süden nach Badwater, mit 80 Metern unterm Meerespiegel dem am tiefsten gelegenen und heißesten Ort der USA. Die Temperatur hier ist gerade so weit erträglich, dass wir einen kleinen Marsch über die Salzkruste wagen. Blöderweise haben wir unser Wasser im Auto vergessen, und bald macht sich quälender Durst bemerkbar, der uns früher als geplant wieder umkehren lässt. Von den hübschen weißen Salzpfannen in den Flats ist ohnehin weit und breit nichts zu sehen, wahrscheinlich liegen sie irgendwo so weit draußen, dass wir es heute eh' nicht mehr schaffen.
   Nach Leeren einer Wasserflasche besuchen wir kurz den Devils's Golf Course, wo sich in einer endlosen Ebene getrocknete und aufgerissene Salzkrusten zu riesigen scharfkantigen Schollen geformt haben. Überall krabbeln Japaner umher, sich gegenseitig zwischen, hinter, auf und unter den bizzaren Blöcken fotografierend. Wir natürlich auch, schließlich muss dokumentiert werden, wie groß die Dinger sind. Bloß aufpassen muss man höllisch, um keine verrenkten Knöchel zu riskieren.
   Mit dem Artist's Drive haben wir gerade noch Glück: Der Himmel beginnt sich mit Schleierwolken zu überziehen. Aber sobald die Sonne ihren Weg hindurch findet, entfaltet sich die volle Pracht der bunt gefärbten Felsformationen entlang dieser zauberhaften Strecke. Kaum den Parkplatz eines Viewpoints angefahren, wird Linda vom Fahrer des nebenstehenden Wohnmobils angenörgelt, sich wo anders hinzustellen - er könne nicht umdrehen. Stimmt - müsste er aber auch nicht, führe er rückwärts. Plätz gäb's genügend, sonst steht keiner hier herum. Was soll's. Lindas aufkeimender Unmut verfliegt rasch beim Anflug eines Raben, der sich frech neben die offene Autotür setzt und auf etwas Fressbares wartet. Da diese Gattung zu den Allesfressern zählt, ohnehin sich überall da bedient, wo es was zu plündern gibt, haben wir keine Hemmungen, einen unserer Kekse zu spendieren. Dafür posiert er auch gleich sehr fotogen vor der leuchtenden Artists Palette.
   Auf dem Loop durch die teils farbenprächtige, teils mit skurril geformten schwarzen Lavabrocken übersäte Landschaft holen wir wieder unseren begnadeten Wohnmobil-Piloten ein - er schlingert jetzt vor uns etwas unentschlossen auf der schmalen Straße umher. Besser Abstand halten -
wie erwartet tritt er auch für einen spontanen Stopp auf die Bremse - wenigstens nicht in der Kurve.
   Die Dünen im Abendlicht werden wir nun nicht mehr einfangen - ab Furnace Creek liegt das Tal im Schatten einer dunklen Wolkendecke. Und leider gehen uns hier noch so viele andere Naturwunder durch die Lappen, so viele unentdeckte Routen, Canyons, Pässe - wir haben viel zu wenig Zeit eingeplant. Grund genug, um wieder herzukommen. Morgen jedenfalls geht die Reise weiter - nach Südarizona.
   Irgendwie scheinen wir nicht Wohnmobil-kompatibel zu sein, trotz des reichlich vorhandenen Platzes in diesem Land: Beim Tanken stehen wir wieder mal im Weg und werden gebeten, eine Zapfsäule weiter vor zu fahren - schade, dass wir die Kreditkarte hier noch nicht eingeschoben haben...

Auf dem Old Spanish Trail nach Arizona

   Für die Fahrt nach Tuscon haben wir zwei Tage eingeplant, auf dem "Old Spanish Trail" über Shoshone, Nipton und Bullhead City mit Zwischenstopp in Kingman. Auf den "Lonely Highways" hätten wir gerne ab und zu den Flair der kleinen Restaurants genossen, ob zu einer Tasse Kaffee oder einem Happen zu essen. Außer Kentucky Fried Chicken & Co. ist über Ostern alles, was uns einladend erscheint, verlassen. So verzehren wir unsere Apfeltaschen aus dem Death-Valley-Supermarkt auf dem Parkplatz vor Luchia's Restaurant und den Rest der Kekse in Nipton vorm großartig beworbenen, aber ebenfalls geschlossenen Coffee House in Gesellschaft tibetanischer Mönche, während der Union Pacific vorbeirauscht. Wir hatten mit zwei langweiligen Fahrttagen gerechnet, aber die Route ist ausgesprochen abwechslungsreich, führt über Gebirgspässe, durch Wälder mit Joshua Trees, an Tafelbergen und riesigen weißen Sanddünen entlang (an die wir auch wieder nicht näher herankommen sind, da als reines Monster-Truck-Gelände gesperrt), sehr originell auch das rustikale Mini-Las-Vegas am Colorado, die Grenzstadt zu Arizona Laughlin mit seinem Schaufelraddampfer.
   Einen sozialen Abstieg zum Quartier in Furnace Creek hält Kingman für uns bereit: das Motel 6, welches Linda in ihrem Eifer (wegen Ostern) auch wieder vorausgebucht hat. Zwar nicht ganz so deprimierend wie das in Las Vegas, aber dafür mit absolut zahnloser Empfangsdame, frequentierter Bahnstrecke direkt im Kreuz, auf der alle zehn Minuten die Züge höllisch laut pfeifend durch ganz Kingman rauschen, und am Parkplatz Trucks, die ihre Ware nächtens mit periodisch laufendem Motor kühlen.
    Wir sind früh dran heute, die Empfangsdame empfiehlt - sofern wir sie richtig verstehen - den Besuch des Eisenbahnmuseums gleich nebenan.
Dort könne man auf alten Wagons herumklettern und lustige Fotos machen. Wir ziehen einen Spaziergang im Ort vor und landen im "Stadtpark", einer kleinen Grünfläche mit Bäumen an der Kreuzung Main Street und Route 66, wo auf Picknicktischen halb aufgegessene Schokoladenkuchen und bunte Eierschalen umherliegen. Eine fröhliche vierköpfige Familie - Gesamtgewicht vermutlich über 400 Kilo - schleppt etliche Steigen mit gefärbten Eiern zum gemeinsamen Verzehr ins Gebüsch.
   Im Motel ist gegenüber von uns ein älteres Biker-Pärchen angekommen, auf einer dicken Dreirad-Harley: Helme ab-, in den Stauraum gegriffen, weiße Cowboyhüte aufgesetzt und Abmarsch ins Steakhaus gleich nebenan. Das gilt auch für uns - ohne Kopfbedeckung - die Speisekarte haben wir schon begutachtet und als verlockend befunden. Das Essen ist wirklich köstlich, vor allem nach diverser süßen Pampe unterwegs und erkämpftem Wechsel vom zunächst zugewiesenen mittigen Tisch im leeren Lokal auf einen der netten Fensterplätze.

Saguaros, Grenzpatrouillen und ein Trip zu Tagesschläfern

   Wenngleich der übliche Motelkasten, erweist sich das Tucson Marana Super 8 letztlich als gar nicht so übel. Uns fällt zunächst das Gesicht etwas herunter bei der Vorstellung, hier drei Nächte zu verbringen. Linda hat's mal wieder ausgesucht, die Fotos sahen nett aus, Kritiken bei Tripadvisor waren durchwegs gut, und mitten in der Stadt sollt's auch nicht liegen, da braucht man ewig raus und wieder rein. Spontan begeben wir uns auf eine dreistündige - letztlich vergebliche - Suchfahrt nach Alternativen bis weit in den Süden zum Vogelparadies Madera Canyon zu einem zauberhaften Ressort mitten im Wald, mit netten Holzhüttchen, Grills und Tränken, die von Kolibris und zahllosen anderen Gefiederten genutzt werden, und rüstigen Naturfreunden in Safari-Kleidung und dicken Feldstechern um den Hals. Schade, dass hier alles ausgebucht ist. Aber andererseits würden wir wohl vor lauter Birding keinen Fuß aus diesem Tal setzen und andere Highlights verpassen.
    Reumütig ins Super 8 zurückgekehrt dürfen wir wählen zwischen dem ersten Stock und dem ebenerdig gelegenen Behinderten-Zimmer. Das nehmen wir, klingt bequemer, und wahrscheinlich weil der nette Rezeptionist das äußerst geräumige Bad dort so anpreist. Irgendwie fühlen wir uns
spontan hier wohl - außerst geräumig ist auch unser Zimmer, ruhig, und geraucht werden darf hier auch, was will man mehr. Die Madera-Vogelfreunde hätte es bestimmt verdrossen, säßen wir vor der Hütte und verpesteten die frische Waldluft.
   Das gemütliche Steakhouse um die Ecke (die 300 Meter laufen wir beim ersten Mal, dann passen wir uns den hiesigen Gepflogenheiten an und fahren) erklären wir gleich zu unserem Stammlokal für die kommenden drei Abende. Hans entdeckt dort seine Vorliebe für Huhn in allen Varianten und Linda arbeitet sich durch diverse Salatberge mit Cesar's- oder BlueCheese-Dressing. Die Doggie-Bags für nicht bezwungenes Essen verschmähen wir, den übrigen Chardonnay hingegen lassen wir uns einpacken.

   Eine Auswahl an Muffins, Toast, Waffeln, süßen Teilchen und Obst gibt's zum Frühstück, in einem heillos unterkühlten Nebenraum der Lobby - im TV wechselt die CNN-Berichterstattung zwischen Jahrhundertereignis Hochzeit im englischen Königshaus und Präsident Obamas angeblich nicht vorhandener Geburtsurkunde. Höchste Zeit, sich einem Highlight vor Ort zu widmen - der Sonora-Wüste.
   Lohnend ist der Besuch des Desert Museums, einem dem Saguaro National Park benachbarten Gelände, wo man die hiesige Pflanzen- und Tierwelt auf Lehrpfaden sowie anlässlich diverser Ranger-Programme ausführlich erkunden kann. Sehr nützlich ist vor allem die an der Kasse überreichte Infobroschüre mit zahlreichen Verhaltenstipps in der Wildnis, zum Beispiel keine Steine umdrehen (Skorpione), nicht in Löcher greifen (Schlangen), bei einem Angriff der hier vorkommenden aggressiven afrikanischen Bienen so schnell man kann weglaufen, beim Puma nicht - da wird empfohlen, sich ruhig und rückwärts gehend zu entfernen.
   Dann sollte ja nichts mehr schiefgehen beim Betreten der "freien Natur", dem Saguaro-Park. Das Vorhandensein zahlreicher Wanderrouten spricht dafür, dass man sich nicht wie ein Freiläufer im Jurassic Park zu fühlen braucht. Klar, dass wir besonders genau gucken, wo wir hintreten, ob bei
der Wanderung zum Desert View Point mit bezauberndem Ausblick auf kaktusbespickte Hügelketten und Berge am Horizont oder näherer Betrachtung einer Pflanze abseits vom Straßenrand. Wir freuen uns über das unbeabsichtigt gelungene Timing, hier die prachtvollen Blüten selbst unscheinbarster Kakteen und vor allem die edlen weißen der Saguaros mitzubekommen, die auch Arizonas Wappen zieren.
   Kontakte zu den unliebsamen Wesen dieser Gegend bleiben aus. Beobachten können wir aber jede Menge Gila-Spechte, emsige, etwas scheue Saguaro-Mieter, und direkt am Straßenrand Streifenhörnchen, die unbeirrt Bau und Family bewachen, ohne sich von uns stören zu lassen.
Vom Autofenster sind sie nicht mehr als eineinhalb Meter entfernt und scheinen das Stoppen von Fahrzeugen und Klicken von Fotoapparaten gewohnt zu sein.
   Ohne eines der tollen Postkarten-Sonnenuntergangsfotos mit Saguaros, - rot leuchtender Himmel, im Hintergrund Berge - will Linda von hier nicht weg. Dumm nur, dass der Park in ein paar Minuten schließt - irgendwas mit 6 Uhr stand auf dem Schild an der Schranke. Wir müssen raus. So fahren wir denn langsam den Randstreifen der recht frequentierten Durchgangsstraße ab auf der Suche nach einer geeigneten Location.
   Blöderweise stehen hier nur vereinzelte Saguaro-Exemplare ohne Arme herum, dazwischen ab und an ein zerzauster Palo Verde. Außerdem wird der Himmel heute, da absolut wolkenlos, ganz sicher nicht blutrot werden. Dennoch harren wir aus - über eine Stunde lang bis nach 7 Uhr, werden öfters von vorbeisausenden Autos angehupt, einer bleibt sogar vor uns stehen in der Annahme, dass wir Hilfe benötigen, bis die Sonne irgendwann recht unspektakulär hinter den Bergen verschwindet. Die Fotos werden nicht so, wie Linda sie sich eingebildet hat - entsprechende Kommentare lässt Hans in seiner unendlichen Geduld über sich ergehen. Bei fortgeschrittener Dämmerung meint er nur, sich besser auf den Heimweg zu machen. Gute Idee. Linda will's morgen nochmal probieren auf der Rückfahrt vom geplanten Ausflug - nach dem wir hier ohnehin wieder vorbeikommen.
In unserem Behinderten-Bad tropfen Dusche und Wannenhahn nach wie vor. Ein Reparaturversuch von Hans, den von Linda morgens möglicherweise ungeschickt betätigten und schließlich festgefressenen Umschalthebel von Hahn auf Brause zu lockern, schlug fehl. Auch die Annahme, dass das Reinigungspersonal sich vielleicht drum kümmert.


   Heute statten wir dem Kitt Peak Oberservatorium einen Besuch ab - Hans freut sich schon ganz besonders darauf. Mit Ausnahme der eher bescheidenen Münchner Volkssternwarte konnten wir größere astronomische Einrichtungen bisher immer nur aus der Ferne betrachten, da für die Öffentlichkeit tabu.
   Allein die Fahrt hierher durch die reizvolle Halbwüsten-Szenerie Arizonas und die 20 Kilometer Bergstrecke auf über 3000 Meter hinauf, mit immer atemberaubenderen Einblicken in umliegende Landschaft, ist lohnend. Das immense Aufgebot an Grenzpatrouillen unterwegs scheint zwar etwas übertrieben, stört uns aber als Nicht-Mexikaner wenig. Nur beim Rückweg nach Tucson dürfte es uns erwischen - auf
der Gegenfahrbahn stauen sich Fahrzeuge an einem Kontrollposten und Leute müssen aussteigen.
   Abgesehen von seiner spektakulären Lage bietet das Observatorium die Möglichkeit, das Gelände bis auf die nur Mitarbeitern vorbehaltenen Wege und Bereiche auf eigene Faust zu durchstreifen, das Gebäude mit dem 2,5-Meter-Spiegel ist auch frei zugänglich. Ferner werden täglich wechselnde Führungen angeboten, zum weltweit größten Sonnenteleskop, 1,8-, 3- oder 4-Meter-Spiegel. Die von Indianern bemalte Plastik am Eingang ist letzterem in Originalgröße nachempfunden (Hans hätte sich davorstellen sollen), und ein nebenstehendes Schild verkündet, dass heute genau dieses Teleskop geschlossen ist.
   Macht nichts, Linda würde eh' am liebsten das Sonnenteleskop besichtigen, das aussieht wie eine Sprungschanze. Bei Nachfrage im Visitor Center erfahren wir, dass es derzeit für Besucher nicht zugänglich ist, wir aber entweder sofort an einer Führung zum 1,8- oder zwei Stunden später zum 4-Meter-Spiegel (also doch nicht geschlossen) teilnehmen können. Interessant sind sicher beide, wir entscheiden uns für den zweiten, der ist größer, und laufen erst einmal selbst ein wenig herum.
   Ganz witzig finden wir die "Bitte ruhig sein - Tagesschläfer"-Schilder, das vorm mit dichtem Buschwerk zugewucherten Aufgang zum 2,5m-Teleskop weniger - hier wird vor Giftschlangen gewarnt. Mit etwas mulmigem Gefühl, laut schnatternd und fest auf den Boden stampfend steigen wir die Stufen nach oben, um aus nächster Nähe durch eine Glaswand den gewaltigen Stützarm des Spiegels zu bestaunen. Das mögen sie denn wohl doch nicht, würden Touris den Geräten zu Leibe rücken und womöglich daran herumfingern. Ist auch verständlich und so eindrucksvoll genug, dieses Monster direkt vor sich zu haben.
   Ans Sonnenteleskop kommen wir nicht ran - der Zugang wird dem gemeinen Touristen bereits weit vorne verwehrt. Schade. Nach Umrundung zweier weiterer Gebäude lassen
wir uns an einem der gemütlichen Picknicktischchen beim Besucherparkplatz nieder - Zeit für eine Pause. Heute gibt's mal wieder Kekse. Die Schachtel ist noch nicht auf dem Tisch, dafür die Vorhut einer Horde hübscher blauer Vögel, Mexikanische Häher, wie wir später erfahren. Allzu lange leisten sie uns nicht Gesellschaft, unser Futter ist wohl nicht das Wahre.
   Die Führung beginnt mit einer kleinen Informationsveranstaltung im Visitors Center. Unser Guide ist gut drauf und lockert seinen Vortrag über Zweck des Observatoriums, Spiegelbau, Schlifftechnik und Historie mit kleinen netten Episoden auf, unter anderem der, wie eine Baugenehmigung des hiesigen Projekts zustande kam - Kitt Peak ist Indianerland. Handelseinig wurde man erst, als ein findiger Professor einen Stammeshäuptling einlud, durch ein Riesen-Teleskop in die Weiten des Universums zu blicken. Tief beeindruckt von diesem Erlebnis willigte der Chief in das Vorhaben ein - vertraglich wurde festgelegt, hier ausschließlich zivile Forschung zu betreiben.
   Ein kleiner Fußmarsch bergauf führt zum Gipfel des Kitt Peak und dem 4-Meter-Teleskop. Der Stützarm dieses Dings muss - soweit wir unseren Guide verstanden haben - das Gewicht von zwei Bussen tragen - entsprechend sind seine Ausmaße. Unser "Monster" von vorhin ist im Vergleich dazu der reinste Zwerg. Mit dem Lift geht es dann noch ein paar Stockwerke hinauf zu einem Rundgang um die Kuppel mit grandiosem Blick auf die gesamte Anlage mit ihren 28 Teleskopen und die umgebende Landschaft.

   Auf dem Rückweg nach Tucson erregt eine hübsche, mit Saguaros bewachsene Hügelkette abseits des Highways Lindas Aufmerksamkeit. Aus dem Abstecher dorthin wird nichts - kurz nach Abbiegen auf die kleine Straße hat sich ein Polizeiauto mit Blaulicht an unsere Fersen geheftet. Wie wir das aus Filmen kennen, fahren wir an den Straßenrand (machen schnell noch die Zigaretten und den CD-Player aus), und warten was passiert - zu schnell sind wir jedenfalls nicht gefahren. Ein bis an die Zähne bewaffneter Grenzpolizist tritt heran und fragt sehr freundlich, was wir hier machen. Das mit den Saguaro-Fotos nimmt er uns ab, quetscht uns noch ein wenig aus, von wo wir her sind, ob wir Pässe dabei haben, am Highway würde kontrolliert. Er bittet uns eindringlich umzukehren, diese Gegend sei gefährlich, es wimmle hier vor Schmugglern, Dealern und anderen Bösewichten. Wir bedanken uns für die Fürsorge und drehen lieber um.
   Nach Passieren einer weiteren Kontrolle auf dem Highway ziehen wir uns zum Ausklang des Tages noch einmal in die Beschaulichkeit des Saguaro Nationalparks zurück. Unsere Streifenhörnchen sind auch wieder da und bewachen ihren Baumstamm. Leider ist uns auch heute - dieses Mal bis Sunset im Park und an einem anderen Ausgang - das Auffinden des begehrten Motivs nicht vergönnt - die Prachtexemplare stehen nun mal weiter drinnen...
   Unsere Dusche funktioniert wieder perfekt und nichts tropft. Allzu oft können wir sie nicht mehr in ihrer vollen Funktionalität nutzen - morgen reisen wir ab.