Natural Bridges N.P. - Capitol Reef N.P. - Bryce Canyon - Zion N.P. - Valley of Fire - Las Vegas

Scenic Routes und dunkle Wolken

   In Monticello zu übernachten sollte man vermeiden - hier liegt der Hund begraben. Wir fallen im erstbesten Motel an der Hauptstraße, dem Westside Inn, ein. Die Rezeptionistin indianischer Abstammung macht einen ziemlich mürrischen Eindruck - wahrscheinlich haben wir sie gerade beim Abflug ins örtliche pulsierende Nachleben ausgebremst. So richtig stinkig wird sie, als Linda - in zugegeben unelegantem Englisch - fragt, ob es hier noch einen "free room" gibt. Nein gibt's nicht, aber ein Zimmer für 79 Dollar ist noch "vacant". Als wir es dann auch noch ansehen wollen, schießt unser Sonnenschein hinterm Tresen hervor und durch eine Schwingtür, die sie uns dabei beinahe auf die Nase knallt. Eigentlich sollte man das Etablissement konsequenterweise verlassen und woanders suchen, aber den Nerv dazu haben wir heute nicht mehr. Wir bleiben - das Zimmer ist gemütlich und nach Anwerfen der Klimaanlage auch schnell kuschelig warm. Man sollte ihnen hier einfach die Bude voll qualmen, aber natürlich gehen wir brav nach draußen und frieren. Dafür waschen wir beide jeweils fünf Paar Socken und Unterhosen neben dem "Wäsche waschen verboten"-Schild im Bad - die gehen uns langsam aus.
   Leider hat der Weather Channel Recht behalten. Wir trauen am Morgen unseren Augen nicht: Auf unserem Auto liegt Schnee! Doch der Tag entwickelt sich sehr positiv - den Empfang schmeißt heute
eine ausgesprochen freundliche Dame, die uns das Cafe um die Ecke zum Frühstücken ans Herz legt. Dort nehmen wir denn auch in aller Ruhe
erst einmal ein ausgiebiges American Breakfast zu uns und planen unsere Weiterreise an den letzten vier verbleibenden Tagen.
   Weil unser Moab-Aufententhalt um zwei Tage kürzer ausgefallen ist, können wir uns jetzt schön Zeit lassen und wählen die Scenic Route 95 über Blanding nach Norden, Hanksville, Capitol Reef, Torrey und anschließend den Byway 12 in Richtung Süden zum Bryce Canyon. Wir sind schon gespannt, was uns dort oben erwartet, und ob wir überhaupt dorthin kommen mit unseren Sommerreifen.
   Da am Wege liegend, statten wir dem Natural Bridges Nationalpark einen kurzen Besuch ab. Unsere Runde und Wanderung oben auf den Klippen bis zu einer indianischen Wohnstätte hält sich in Grenzen - es ist saukalt und zieht gewaltig. Den Ort gebührend zu würdigen, gelingt uns nicht ganz, was sicherlich am ungemütlichen Wetter liegt. Die zwei Bridges, die wir zu Gesicht bekommen, stinken im Vergleich zu Arches (dort sind's natürlich Bögen und keine Brücken...) reichlich ab, und nach Mesa Verde kommen die mickrigen Ruinen hier eher bescheiden 'rüber.
   Die Fahrt auf der 95 durch diese grandiose Landschaft genießen wir dagegen in vollen Zügen. Die Straße schlängelt sich durch weite von Tafelbergen gesäumte Täler, entlang des White Canyon - tiefe Einblicke in gewaltige Schluchten inklusive - und über flache, in knallroten Sandstein gekerbte Pässe. Der stetige Wechsel zwischen Sonne und sich düster zusammenballenden Wolkenbergen taucht die Szenerie um uns herum in ein nahezu unwirkliches Licht. Beim Überqueren des Colorado wird es fast gespenstisch - der Himmel ist so schwarz, dass Konturen und Schatten kaum zu erkennen sind.
   Hanksville erreichen wir kurz nach vier Uhr. Der Ort ist übersichtlich - eine Handvoll Häuser, zwei offenbar Motels, die uns aber nicht unbedingt zum Bleiben verleiten - wir fahren lieber weiter nach Torrey, Zeit genug haben wir ja. Sehr originell finden wir am Ortsende das Sammelsurium an Dinosauriern, die ein ortsansässiger Künstler aus Autoschrott, Rohren, Gewinden und anderen Eisenteilen erschaffen hat. Ein paar lustige Musiker stehen auch herum.
   Eine weitere Begegnung am Straßenrand hält die Fahrt durch Capitol Reef bereit - hier können wir zum ersten Mal zwei Vertreter des weit verbreiteten "Mule Deer" aus nächster Nähe betrachten. Das absolute Highlight sind allerdings die Capitol-Reef-Bergketten in spätnachmittäglichem Licht, als sich letzte Sonnenstrahlen ihren Weg durch bedrohlich schwarze Unwetterwolken bahnen.
    Wir hoffen, Torrey noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen - langsam sollten wir da sein, doch von Häusern keine Spur. Wie eine Verheißung taucht am Scheitelpunkt der Passstraße mitten im Nichts ein einsames, aber sehr gemütlich aussehendes Motel auf - Rimrock Inn. Wir bekommen ein Zimmer - der Abend ist gerettet. Nach der recht verlassenen Strecke - außer Hanksville existieren die paar auf der Karte eingezeichneten Orte als solche quasi nicht - tut diese Oase richtig gut. Unerwartet gibt's hier ein Restaurant, das wir denn auch sofort aufsuchen. Hans bekommt mal wieder knuspriges Huhn, Linda eine super vegetarische Lasagne, und Chardonnay haben sie auch hier oben.
   Der obligatorische Blick in den Weather Channel verheißt nach wie vor nichts Gutes: Die Kaltfront hängt hartnäckig überm ganzen Südwesten mit frostigen Temperaturen etwas über dem Gefrierpunkt.

Utah Winter Wonderland

   Heute heißt's warm anziehen. Über Nacht ist glatt Schnee gefallen, die hübschen Capitol-Reef-Formationen sind unter einer weißen Decke begraben und dicke Nebelschwaden hängen bis auf die Straße hinab. Jammerschade, aber eine Tour durch diesen Nationalpark können wir uns heute sparen - wir brechen auf in Richtung Bryce Canyon und hoffen inständig, die Wettergötter mögen mit uns und den Sommerreifen Erbarmen haben.
   Ehe es die 12 berggab geht, müssen wir es erst noch einen Pass auf 2.800 Meter hinauf schaffen. Dort oben liegt dicker Matsch auf der Fahrbahn, Bäume und Landschaft um uns herum sind ordentlich eingeschneit. Die Viewpoints mit Blick auf Capitol Reef sind bei dem Wetter nicht sehr ergiebig und vor allem zugig. An einem hat jemand einen lustigen Schneemann auf die Brüstung gesetzt. Sehr hübsch machen sich die kahlen Espen inmitten winterlichem Weiß.
   Der Scenic Byway 12 über Boulder hinunter nach Escalante ist befahrbar - und mit jedem Meter, den es bergab geht, schwindet der Schnee. Anderen Reisenden begegnen wir hier kaum, dafür jeder Menge am Straßenrand grasendem Mule Deer und - was wir eher mit Afrika assoziieren und hier am allerwenigsten erwartet hätten - einer Schar Ibisse in einem kleinen Tümpel. Hier wie in Afrika mögen sie es nicht besonders, wenn man stoppt um sie zu beobachten. Nach Escalante geht's in Richtung Bryce Canyon wieder bergauf, hinein in bedrohlich schwarze Wolken und schließlich einen Schneesturm kurz vor Tropic, unserem angepeilten Stützpunkt für den Besuch des Nationalparks. Ein ganz witziger Name für einen Gebirgsort in 2.200 Metern Höhe, wie wir finden, besonders an Tagen wie heute.
    Wintersportfeeling hin oder her: Hier sieht's so aus, als könnte sich ein von uns auf dieser Reise lang gehegter Traum erfüllen - nämlich endlich mal in einem dieser netten Holzhüttchen zu übernachten, die wir zwar des öfteren schon entdecken, aber nie ergattern konnten. Gleich am Ortseingang stehen welche, unter Bäumen in einer hübschen Anlage. Das Office ist zwar geschlossen, aber ein Schild fordert zur Nutzung des roten Telefons neben der Tür auf, dann wäre sofort jemand zur Stelle.
   Fünf Minuten später beziehen wir unser Quartier, Blockhütte Nr. 2, nett eingerichtet und mit John Wayne in Öl an der Wand. Eine Heizung gibt es auch - die werden wir brauchen, es ist saukalt, und auch anlassen, wenn wir zum Essen gehen. Etwas haben wir in unserer Euphorie übersehen: Mit Zigarette stehen wir hier im wahrsten Sinne des Wortes im Regen (bzw. Schneetreiben) - die Zimmertür führt direkt raus ins ungeschützte Freie. Zum Rauchen flüchten wir daher zu den überdachten Gängen vor den Reihenbungalows hinter uns, missbilligende Blicke dortiger Gäste ignorierend.
   Es ist erst 16 Uhr und der Bryce Canyon nur zehn Kilometer entfernt. Wir wagen einen Versuch. 300 Meter weiter oben im Bryce Canyon Village wabern dicke Nebelschwaden um Curioshops, monströse Motelanlagen, Leuchtreklamen und Werbeplakate für Rodeo-Veranstaltungen im Sommer. Ist ein ganz schöner Rummelplatz geworden...Wie befürchtet zeigt sich der Sunset Point heute nicht von seiner bezauberndsten Seite: Von äußerst zugigen Aussichtspunkten blicken wir in eine graue, die berühmten Pink Cliffs nahezu komplett verschlingende Suppe. Als auch noch heftiger Schneefall einsetzt, treten wir den Rückzug an - besonders vorsichtig, denn mittlerweile liegt die Straße durchs Village unter einer geschlossenen Schneedecke, Autos und Busse kriechen im Schritttempo, die Sicht beträgt nicht weiter als maximal 15 Meter. Der Zauber verfliegt bei der Rückfahrt nach Tropic so jäh wie er eingesetzt hat, unten regnet es nicht einmal. Immerhin haben wir mit dem kleinen Ausflug ein optimales Timing hingekriegt: die perfekte Zeit zum Abendessen.
   Ein richtiges Imperium hat sich ein gewisser Mr. Clarke vor Ort geschaffen - ihm gehört mit einem Motel, dem Gemischtwarenladen und einem Restaurant fast halb Tropic. Im Clarke's kehren wir ein - drinnen ist es sehr gemütlich, warm, unsere Kellnerin nett und die Steaks Klasse. Die angebrochene Flasche Chardonnay lassen wir uns in eine unauffällige Papiertüte wickeln. In unserem molligwarmen, aber dank Klimaanlage lauten Hüttchen gibt's noch einen Schlummertrunk aus Zahnputzbechern, während wir versuchen, den Weather Channel beziehungsweise überhaupt irgendein Programm hereinzubekommen. Einem einzigen Kanal ist lediglich ein fürchterlicher Rauscheton zu entlocken - hört sich an wie eine Doku über Wildtiere in Afrika. Zu erkennen ist kaum etwas, sowohl im TV als auch draußen schneit es. Wir schalten die Klimanalage ab - bei dem Krach schlafen wir sonst nie ein.

   Der Morgen begrüßt uns mit fröhlichem Schneetreiben und Eiseskälte im Zimmer - besonders dicht ist die Bude nicht. Wir packen zusammen, werden es nochmal mit dem Canyon probieren, klappern die Parkstraße ab und verschwinden dann aus diesen Höhenlagen. Wir ziehen an, was unter unsere Jacken passt. Hans zwängt sich in zwei Hosen übereinander - Linda schafft das nicht.
   Es ist kaum zu fassen, aber während des Frühstücks haben sich die Wolken weit nach oben verzogen, strahlend blauer Himmel und Sonne kommen zum Vorschein. Fröhlich werfen wir die Dire Straits ein und nehmen erneut Anlauf zum Bryce Canyon, der überhaupt kein Canyon ist, sondern seine zauberhaften Felszinnen, Türmchen und Klippen aus zart- bis knallrosa Sandstein einer steten Erosion durch Wind und Regen verdankt.
   Oben am Rim in über 2.400 Metern Höhe fegt ein eisiger Wind, der uns nach längeren Märschen auf den exponierten Wegen bis in die Knochen geht. Wie das die Typen in ihren kurzen Hosen aushalten, ist uns schleierhaft - wir frieren. Entschädigt werden wir mit spektakulär ausgeleuchteter Kulisse, mal sonnendurchflutet, mal im Schatten dunkler Wolken. Eigentlich möchten wir einen der Trails hinunterwandern und ein wenig zwischen den Hoodoos umherlaufen. Aber wenn wir die Leute so angucken, die sich bis zu den Knien schlammverkrustet von unten wieder hochquälen, vergeht uns irgendwie die Lust dazu.
   So klappern wir langsam den 30 Kilometer langen Rim Drive mit dem Auto ab. Possierliche Nager tummeln sich wie gewohnt an View Points, hier sind
es Chipmunks - Streifenhörnchen. Ein hübscher Diademhäher lauert
auf Krümel unserer Kekse, die wir bei einem Aussichtsstopp vertilgen. Tiefster Winter empfängt uns am fast 2.800 Meter hoch gelegenen Rainbow Point, dem Ende der Straße. Die Aussicht, so grandios sie ist, genießen wir nur kurz - nach zehn Minuten setzt heftiges Schneetreiben ein und wir flüchten. Es wird ohnehin Zeit, langsam aufzubrechen - es ist mittlerweile fast vier Uhr und wir wollen noch vor Zion ein Quartier finden.
   Einen kleinen Stau verursacht Linda kurz vorm Parkausgang, als sie sich gezwungen sieht, auf die Bremse zu treten und trotz Verbotsschildern und durchgehendem Strich seitlich zu stoppen. Am Straßenrand gegenüber grast ein Gabelbock, außer im TV haben wir solch ein Tier noch nicht gesehen. Nachkommende Fahrzeuge bleiben hinter uns ebenfalls stehen und Leute gucken. Not amused ist eindeutig der entgegenkommende Trampel von Jeepfahrer, der mit lautem Gehupe seinen Unmut bezüglich unseres infamen Fehlverhaltens kundtut und damit den Gabelbock verscheucht.
    Ein paar Büffel bekommen wir wenig später auch zu sehen - keine wilden natürlich, aber die können wir wenigstens in aller Ruhe betrachten. Nach zwei Stunden Fahrt - bergab und in zunehmend milderes Klima - beginnen wir ein Quartier zu suchen. Orte auf der Karte sind in natura keine, an der Straße ausgeschilderte Lodges außer Betrieb. Kommt mal ein Ort, gibt's nichts zu übernachten. Erst in Grand Carmel Junction lockt ein Western Country Inn mit "Vacancy". Das Zimmer dürfen wir uns aussuchen, wir nehmen eines mit Balkon und Blick auf den Golfplatz. Hier lässt es sich zur Abwechslung mal wieder gepflegt rauchen. Und draußen hat es auch wieder angenehme Temperaturen - vor den Fenstern des Restaurants schwirren Dutzende von Kolibris um die aufgehängten Zuckerwasserspender.


Wüste, sieben Schwestern und ein Abschied in Las Vegas

   Heute gibt's im Auto keine Zigarette mehr, abends müssen wir es in Vegas zurückgeben. Nach einem gründlichen Shampooning der Fahrgastzelle und Tilgung sämtlicher Aschereste deponieren wir noch unsere restlichen Pfefferminzbonbons im Türfach - hier riecht absolut nichts mehr nach Rauch (hat auch bestens funktioniert - keine nachträgliche Kontobelastung für Reinigung oder ähnliches)

   Die letzte Etappe unserer Reise beginnen wir mit der Fahrt durch den Zion National Park - hier müssen wir durch auf dem Weg zur Interstate und natürlich auch 20 Dollar Eintritt zahlen. Heute gibt's besonders viel für's Geld: das extra lange Sightseeing. Allerdings halten wir an eher unspektakulären Stellen: alle 200 Meter im Stau, vor roten Ampeln und jedem einzelnen der zahllosen Tunnel beim Warten, bis der Gegenverkehr durch ist. Die Straße wird gerade aufgerissen, frisch geteert und ist nur einspurig befahrbar.
   Auf der Interstate geht es wieder flott voran, und uns bleibt noch genügend Zeit, vor Las Vegas einen kleinen Umweg und den 50-Meilen-Loop durch das Valley of Fire zu fahren. Die aparte Landschaft aus leuchtend rotem Sandstein könnte von Dali geschaffen worden sein: Riesige surrealistische Skulpturen flankieren die Straße - hier sind's die "Seven Sisters" -, Menschen- und Tierköpfe ragen gen Himmel, wie Bienenkörbe geformte Felsen scheinen zu zerfließen, ein monströses ameisenähnliches Wesen erklimmt einen Felsen. Jammerschade, sich hier nur auf einen Abstecher beschränken zu müssen, aber unsere Reise nähert sich erbarmungslos dem Ende und unserem letzten Abend - in Las Vegas.

   Trotz übler Erfahrung mit Motel 6 bei der Ankunft hat Linda - wohl einem ihrer gelegentlichen Anfälle von Sparzwang nachgebend - erneut ein Zimmer dieser Kette reserviert. Diesmal direkt am Flughafen - hier sieht eine Unterkunft aus wie die andere, wozu also das Doppelte bis Dreifache zahlen. Dieses machte, zumindest im Internet, mit Pool und Palmen mittendrin einen sehr netten Eindruck.
   Angenehm überrascht sind wir, dass das Original absolut mit dem Foto übereinstimmt. Leider trifft das nur auf's Haupthaus zu - wir bekommen ein Zimmer in einem anderen Trakt zugewiesen, irgendwo quer über zig Parkplätze teilweise anderer Unterkünfte gelegen. Trakt passt, die Gebäude erinnern an Gefängnisfilme. Der Gipfel ist jedoch die Lage unseres Quartiers: in einem finsteren Durchgang zum nächsten Bau und präzise gegenüber der Eismaschine. Ein Zimmerwechsel ist schnell arrangiert, genügend Vakanz offenbar vorhanden, und wir beziehen jetzt die Suite mit Blick auf Parkplatz und andere Zellenkomplexe.
    Nach Abgabe unseres Autos wollen wir noch kurz etwas essen und bald schlafen gehen - Abflug ist morgen um halb neun. So laufen wir denn unsere Straße entlang bis zum nächstgelegenen Hotel und Restaurant, dem Hooters. Drinnen Highlife wie man es in Las Vegas erwartet, Menschengewimmel, klingelnde Spielautomaten - und eine lange Warteschlange vorm Restaurant. Nach 20 Minuten sind wir an der Reihe und folgen Hotpants und langen Beinen - vorbei an all den gemütlichen aber besetzten Tischen hinaus in eine Art angebauten Schuppen, wo wir an einem halb verrotteten Fass auf speckigen Barhockern Platz nehmen dürfen. Mit einem charmanten "Hope you don't mind" bekommen wir die Speisekarten in die Hand gedrückt, und unsere Hübsche entschwindet. Das tun wir auch und starten einen weiteren Versuch beim etwas nobleren Schuppen vorne am Hoteleingang. Dass er komplett leer ist, ist schon verdächtig genug. Als die Empfangsdame uns dann darauf hinweist, wir müssten eine Viertelstunde warten, bis einer der Tische hergerichtet sei, reicht's.
    Den letzten Abend lassen wir uns nicht versauen. Spontan beschließen wir - wenn wir schon mal hier sind - uns dem ganzen Irrsinn zu stellen und uns ins nächtliche Treiben zu stürzen. Zwei Blöcke in Richtung Strip - und wir sind hin und weg vom unglaublichen Sammelsurium an geballtem neonblinkenden Kitsch, changierenden Fassaden, quietschbunten Märchenschlosstürmchen und grellen Leuchtreklamen, dazwischen auch mal ein Schaufelraddampfer. Die Stadt hat schon was...
   Neben der Manhattan Bridge entdecken wir eine gemütlich aussehende Gartenkneipe mit fröhlichen Menschen und feinen Sachen auf den Tellern. Das ist unser Lokal. Da im umgebenden Zaun kein Zugang zu entdecken ist, probieren wir es über das Nebengebäude. Nach der Halle mit den Spielautomaten arbeiten wir uns durch ein rappelvolles Irish Pub mit Lifemusik wieder nach draußen in den Garten. Nachdem wir die merkwürdige Frage, wie wir hier hereingekommen sind, beantwortet haben, ernten wir einen skeptischen Blick, bekommen aber sofort einen Tisch. Unser letzter Abend hat sich ausgesprochen erfreulich entwickelt: Wir sitzen bei angenehmen Temperaturen im Freien, mitten im verrückten Wüstenstadtgetümmel, unser Waiter ist gut drauf und das Essen super - vor allem die überdimensionale irische Hühnerpastete von Hans, bei der er zunächst nicht weiß, wo er reinstechen soll.
   Las Vegas ist Klasse! Und beim nächsten Mal steigen wir in einem der Kitschpaläste ab.