Mesquite Sand Dunes - Zabriskie Point - Ubehebe Crater - Scotty's Castle - Panamint Springs -
Badwater - Rhyolite - Artist' s Drive - Golden Canyon

Wüsten-Trip mit Shutdown

   Der nächste Weg ist es nicht gerade hinunter zum Death Valley: Aber was sind in den Staaten schon 1.500 Kilometer. Zwei Tage Fahrt - und mit jeder Meile garantiert besserem Wetter entgegen. Während der ersten Etappe merken wir davon zunächst nichts. Begleitet werden wir von tiefhängenden schwarzen Wolken, unsere (seltenen, da sehr ungemütlichen) Rauchpausen fristen wir auf zugigen Rastplätzen. Ab und an durchqueren wir eine Platzregenfront, von Salt Lake City bekommen wir außer Feierabendverkehr auf der I 15 so gut wie nichts mit, eine einzige Suppe. Leider nix mit Foto von Skyline vor Bergen.
   Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das weniger bekannte Beaver (ist sogar auf unserer Amerika-West-Karte eingezeichnet, in natura aber eher unauffällig) mit Best Western gleich hinter der Autobahnausfahrt und zugehörigem Restaurant. Zum Abendessen gibt's heute mal keinen Chardonnay - welcome to Utah -, sondern eiskalten Apfelsaft, genau das Richtige zum Abkühlen bei dieser Witterung. Draußen wirbeln jetzt dicke Schneeflocken in den Lichtkegeln der Parkplatz-Strahler lustig vor sich hin.
   So ganz aufs Geratewohl wollen wir morgen nicht in der Einsamkeit des Todestals auf Quartiersuche gehen. Schön, Best Westerns "leistungsstarkes WiFi" und Smartphone, das hier funktioniert, zur Verfügung zu haben. Wir wollen gucken, ob in Furnace Creek noch etwas frei ist. Aber weiter als auf die sich elend langsam aufbauende und wieder aussteigende Internetseite des Motels kommen wir nicht. Die Telefonnummer des Ressorts findet dann die nette Dame am Empfang für uns in ein paar Sekunden heraus - ihre Verbindung ist sehr flott. Von einem Death Valley hat sie bisher noch nie etwas gehört, ("klingt ja furchtbar"...) aber die Website gefällt ihr.
   Wir haben Glück und ergattern - zumindest für heute Abend - ein Zimmer. Der Rest wird sich irgendwie finden. "Licht am Ende des Tunnels" tut sich endlich auf etwa 100 Kilometer vor Las Vegas, und wir können seit einer Woche wieder mal unsere dicken Pullover auf den Rücksitz schmeißen. 5 Tage Death Valley warten auf uns, viele Loops, diverse ausgedehntere Wanderungen und jede Menge Winkel dieser faszinierenden Wüstenlandschaft, für die vor zwei Jahren keine Zeit war. Und auf die Mesquite Sand Dunes freuen wir uns ganz besonders - die kamen vor zwei Jahren während der Mittagshitze absolut zu kurz.
   Dass wir sie für die kommenden vier Tage quasi vor unserer Haustüre haben würden, ist eigentlich das Letzte, womit wir gerechnet hätten. Auf dem Weg nach Furnace Creek fragen wir spaßhalber in Stovepipe Wells nach einem Zimmer ab morgen - und bekommen glatt eines. Wir können unser Glück kaum fassen! Dieses Ressort ist zwar um einiges bescheidener als die andere "Oase" im Süden, wirkt etwas verschlafen und ziemlich spartanisch, wie es so zwischen kargen Mesquite-Sträuchern im gleichen Farbton wie die Umgebung daliegt, aber uns gefällt's. Mitten im Death Valley und vorm Hüttchen diese grandiose Kulisse - was will man mehr.
   Heute geht's aber erst mal in die vornehmere Ecke - zur quirligen ziemlich vollen Furnace Creek Ranch mit Golfplatz, mehreren Restaurants, Bar, Museum, Postamt und nagelneuem Visitor Center. Das letzte Mal vor zwei Jahren war's noch eine aufgebockte Holzhütte am Parkplatz vor der Rezeption. Schade, dass es im General Store nicht mehr die lustigen Plüschraben gibt - Linda hätte diesmal glatt einen mitgenommen. Dafür gibt's wieder nebenan eine dieser wagenradgroßen 4-Käse-Pizzas, mit der wir uns für den Rest des Abends auf unseren gemütlichen Balkon verziehen. Es ist herrlich warm, Sommer-Feeling zum ersten Mal in unserem Urlaub.

   Diesmal werden wir, zumal ein paar Tage hier unterwegs, die Parkgebühren auf alle Fälle entrichten. Irgendwie ist uns dies entgegen allen guten Absichten 2011 nicht geglückt - defekter Automat am Eingang, dann ewig lange Schlange am Visitor Center, erneuter Versuch am Automaten, der dann ein Gratis-Tagesticket für Business-Besucher ( was immer das sein mag, wir jedenfalls nicht) ausgespuckt hat. Das neue Visitor Center ist riesig und fast leer, trotz Wochende. Die nette Rangerin am Tresen informiert uns, dass wir heute am Sonntag nichts zahlen müssen - das gilt auch für weitere Tage eines Aufenthalts hier. So treten wir wieder mal mit einem Freifahrtschein - diesmal offiziell ausgestellt von der Parkbehörde - unseren Besuch hier an - ist uns auch recht. Offenbar nimmt man es hier generell nicht so streng mit Eintrittsgebühren wie in anderen Parks.
   Da wir schon mal hier sind, drehen wir eine Runde durchs Borax Museum, das wir 2011 aus Zeitgründen komplett ignoriert haben. Ähnliche Exponate konnten wir anderenorts auch schon besichtigen, aber es ist immer wieder interessant zu sehen, in welchen Vehikeln sich Menschen vor mehr als hundert Jahren durch die Gegend geschleppt haben. Nett ist die alte Dampflok und eindrucksvoll sind die riesigen Zugvorrichtungen mit ihren Zahnrädern.
   Die Ghost Town Rhyolite, eine der vielen Golgräber-Städtchen dieser Breiten, ist unser nächstes Ziel. Die Fahrt dorthin - wieder nahezu vierzig Meilen zurück in Richtung Beatty - zeigt uns das Todestal diesmal von seiner trockensten Seite. Wo vor zwei Jahren bunte Blümchen, grüne Sträucher und blühende Kakteen den Straßenrand säumten, gibt's um diese Jahreszeit nur braune Stacheln, blassgelbe Büschchen, nur ab und zu den Hauch von Grün eines Mesquite-Strauchs. Hübsch sehen die silber glänzenden Desert Hollys aus, kleine Stechpalmen, die hier überall herumstehen. So verdörrt diese Landschaft jetzt wirkt, so verzaubert uns die Wüste auch diesmal wieder - mit ihrem klaren Licht, der endlosen Weite und den Bergketten, die sich mal sanft geschwungen, mal bizarr gefaltet und teilweise in den irrwitzigsten Farben bis zum Horizont hin erstrecken.
    Den Überbleibseln aus Goldrausch-Zeiten von Rhyolite hat eindeutig ein belgischer Künstler die Schau gestohlen. Zwar ist hier alles vorhanden, was die Faszination einer waschechten Geisterstadt ausmacht - verfallene Hütten, Reste bedeutender Gebäude wie Bank, General Store und Handelsstation, ein alter Straßenkreuzer steht auch herum, falsche Epoche, egal - aber absoluter Hingucker sind die originellen weißen Gespenster schon, die den Besucher gleich am Eingang begrüßen. Und das monströse Sofa aus knallbunten Mosaiksteinchen, eine weitere Kreation des Belgiers, passt auch sehr gut in die Landschaft, wie wir finden. Was die kleinere Figur der Eisenplastik an der Straße darstellen soll, die aussieht wie ein Pinguin, entzieht sich unserer Phantasie. Vielleichts ist's ein Pinguin (wenn schon Sofas hier rumstehen...) Wir hätten den Opi im Eingangshäuschen fragen sollen.
    Die Fahrt durch den Titus Canyon können wir mit unserem Normalo-Auto abhaken. So schlimm sieht's gar nicht aus, aber die eindringlichen Schilder an der Zufahrt "4WD ONLY!" bremsen unsere Unternehmungslust. Da drin irgendwo festzusitzen und den Canyon zu blockieren wäre blöd. Die Allrad-Driver würden uns lynchen. Hätten wir heute eh' nicht mehr geschafft, und so bewegen wir uns gemütlich in Richtung unseres neuen Quartiers, Stovepipe Wells.
   Im Nationalapark ankommen und gleich ein Zimmer ohne Reservierung bekommen: Da gibt's eigentlich nicht viel zu meckern. Dennoch kriegt Linda wieder mal die Krise beim Einzug in die neue Bleibe - wieder mal präzise hinter der Entlüftungsanlage von (hier) Saloon und Restaurant und diesmal zur Abwechslung genau neben der einzigen Eismaschine weit und breit. Wie überall dürfte auch hier jeder Vorbeikommende dran herummachen, um zu sehen, ob sie funktioniert... Hans, pragmatisch wie immer in Krisensituationen wie diesen, hat während Lindas Kurzschockphase die Nachbarhütte geprüft und als akzeptabel befunden. So macht sich Linda wie so oft auch jetzt sehr beliebt bei der Zunft der Rezeptionisten und erkundigt sich nach den Möglichkeiten eines Wechsels. So fröhlich wie vorhin guckt der Desk Manager zwar nicht mehr drein, aber wir bekommen wie gewünscht die 145. Diese sei aber neben dem Swimming Pool, meint er.
    Das ist uns ziemlich egal, hier ist's viel netter: als äußerste der Cottage-Reihe gelegen, außer einem lustigen alten Traktor mit nichts davor als dem Blick in die Weite des Tals und in gebührender Entfernung von nächtens in Plastikbecher krachenden Eiswürfeln. Offenbar hat man uns auch noch die Handycapped Suite überlassen: riesiges Zimmer, riesiges Bad, in dem man einen kleineren Tanzkurs abhalten könnte, und zu allem Überfluss auch noch TV, was bei der Standardaustattung nicht dabei gewesen wäre. Brauchen wir ja eigentlich alles gar nicht, aber nice to have. Seltsamerweise ist eine ursprünglich zum Valley hinausführende Tür zugemauert und innen ist da jetzt die Badwand. Gut so, sonst hätten wir sicher Talblick mit Fuhrpark davor. Hierzulande muss man ja direttissima aus dem Zimmer ins Auto fallen können.
   Perfekter Abschluss für einen wunderschönen Wüstentag und perfektes spätnachmittägliches Licht für die Erforschung der Mesquite Sand Dunes. Schön, diesmal hier in aller Ruhe zwischen den windschnittigen Formationen umherstreifen zu können und ein wenig Namib-Feeling zu genießen, wenn auch im Mini-Maßstab. Geboten ist hier jedenfalls derselbe faszinierende Wechsel von weichen Formen und scharfgeschnittenen Graten und Windabrisskanten sowie das Spiel von Schatten und Licht in allen Nuancen. Das Gelände ist weitläufiger als gedacht, irgendwie gewinnen wir kaum Land, obwohl wir x Täler durchqueren und Flanken auf- wie abwärts hinter uns lassen. Aber da uns kein Mensch zwingt, das komplette Dünenfeld zu durchqueren, kehren wir irgendwann um und lassen Dünen-Impressionen auf uns einwirken, bis die Sonne verschwunden ist.
   Hollywood-Filmflair schnuppern wir dann wieder mal, heute im Stovepipe Restaurant. Nicht dass das Ambiente hier besonders mondän wäre. Die Empfangsdame wirkt etwas gehetzt, so als müsse sie das Seaten der eintreffenden Gäste zwischen anderen sehr echauffierenden Programmpunkten auf die Reihe kriegen. Der Speisesaal ist halb leer, und es warten drei Paare. Irgendwann sitzen wir auch und können gegenüber all die Plakate der Filme bewundern, die hier gedreht wurden: von uralten Western und ihren für diese Zeit typischen, leicht debil dreinguckenden Helden bis hin zu den uns vertrauteren Star-Wars-Episoden. Kein Wunder, ist auch eine sehr fotogene und außergewöhnliche Location. Das Essen ist in Ordnung, die Preise sind recht moderat für die Gegend.

   Den Frühstückskaffee gibt's auf der Stufe zu unserer zugemauerten Tür mit Panoramablick auf die Weite der Wüste. Die Zubereitung war eine ziemliche Sauerei, da Linda für die beiden großen Becher die Kaffeemaschine randvoll gefüllt, dabei aber übersehen hat, dass mitten auf der Rückseite ein breiter Schlitz dafür sorgt, dass sich alles, was über eine halbe Füllmenge hinausgeht, auf und hinter das untergestellte Tischchen ergießt. Wie praktisch - aber hier trocknet ja alles ziemlich schnell. Ein Vordach oder Sonnenschirm wäre hier angebracht - Schatten gibts hier nicht, die Sonne knallt schon am Morgen erbarmungslos vom Himmel.
   Um kochenden Getränken im Auto vorzubeugen, lösen wir im General Store einen unserer zwei Gutscheine für Eisbeutel ein. Da wir keine Box dafür haben, packen wir das Ding in zwei Plastiktüten und drapieren ein paar Flaschen hinein. Sollte schon funktionieren.
    Zabriskie Point steht nun auf dem Programm - 2011 lagen das haifischflossenförmige Wahrzeichen dieses Orts und die markanten, gefalteten Lehmschichten schon im Schatten, als wir dort ankamen. Diesmal erleben wir diese fast unwirkliche Kulisse in all ihrer Schönheit, mit den farbenfrohen Formationen, die so typisch für diesen Fleck hier sind. Eigentlich müsste man ja mitten hinein wandern in diese Szenerie - es zieht einen vom View Point hier oben förmlich hinein. Aber eine Wanderung hinunter ins Tal dürfte dauern und wir haben Respekt vor der Hitze, die schon lähmt, wenn man nur dumm rumsteht. So krabbeln wir etwas hangabwärts bis zu einer Felsnase, von wo wir spektakuläre Einblicke in diese Traumlandschaft genießen.
   Viel hatten die vor über 150 Jahren hier durchgezogenen Siedler sicher nicht übrig für Naturwunder dieser Art. Wenn sie irgendwo - so wie hier - nichts anpflanzen konnten, dann gab's das Prädikat "Badlands". Wir hingegen, die höchstens Probleme mit schmelzenden Eiswürfeln, zerlaufenen Schoko-Keksen oder der im Zimmer liegengebliebenen Pfefferminzrolle haben, können uns nicht sattsehen an schlechtem Land, vor allem, wenn es so zauberhaft ist, wie dieses hier.
   Auf dem Rückweg zum Parkplatz lichtet Linda einen der Türmchen mit aufgehäuften Steinen ab. Sie stehen hier wie anderenorts überall entlang von Wanderwegen. "Weißt du denn, was sie bedeuten?", fragt plötzlich neben ihr eine Dame - Kampfgewicht etwa 110 Kilo, Trainingsanzug, Typ russische Kugelstoßerin. Wegmarkierungen oder Just-for-fun-Konstrukte von Wanderern, mutmaßt Linda. Nein, jeder, der an einem solchen Steinturm vorbeikommt, muss ein weiteres Steinchen oben drauflegen und zwar so, dass nichts herunterfällt. Sonst bringt das Unglück für jeden, dessen Steinchen betroffen ist. Sie weiß das, fügt sie hinzu, weil sie seit 20 Jahren in den Staaten lebt und sich auskennt. Aber eigentlich stammt sie aus Russland. Also vielleicht doch Kugelstoßerin, aber Linda fragt lieber nicht. Nach dem netten Plausch muss natürlich noch ein Steinchen auf die Spitze, das kleinste, was zu finden ist. Gottseidank guckt keiner, als die komplette Spitze runterkracht und alles wieder behutsam aufgestapelt wird.

   Nach einer Mittagsrast in Furnace Creek - ein schattiges Plätzchen hat schon 'was - machen wir uns auf den Weg in den Süden und zum Golden Canyon. Bäume gibts hier keine, nur hohe Felswände, die aber am frühen Nachmittag nur an wenigen Stellen Schatten werfen. Nichtsdestotrotz sind genügend Leute unterwegs - wahrscheinlich ist morgens oder gegen Abend die Hölle los. Gut, dass es wenigstens nicht bergauf geht - nur ganz unauffällig - heute ist's noch heißer wie gestern und rumlaufen um die Zeit in der sengenden Sonne und völlig windstillen Schlucht strengt ganz schön an. Ab und zu legen wir an eine Felswand gedrückt ein Päuschen ein. Interessant finden wir hier die unterschiedlichsten Strukturen der Canyonwand - Geröllschichten aus bunten Steinchen, kleinen Kristallen, darüber ein filigranes Band aus Gipskristallen, ganz oben ein Dach aus grünlich schimmernden, schiefrigen Schichten. Beeindruckend sind auch die Spuren der Flash Floods, die nach heftigen Regenfällen hier durchsausen und unterwegs Massen von Material mit sich reißen. Auch menschliches, sofern nicht rechtzeitig die Canyon-Wanderung abgebrochen wurde.
   Vorteilhaft ist ein schwarzes Auto für diese Breiten nicht gerade, zumal wenn es ewig in der prallen Sonne steht. Aber allemal besser, verschwitzt in ein Bratrohr einzusteigen als frierend Eis wegzukratzen. Erstaunlicherweise sehen unsere Eiswürfel noch intakt aus und die Getränke sind einigermaßen kühl. Allmählich schießen wir uns auf eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme ein. Ist auch sehr wichtig, sonst zählen wir zur "high danger" Kategorie bräunlichrot, wie man den sehr informativen Urinverfärbungs-Schautafeln an vielen Plätzen hier im Park entnehmen kann.
   Den Artist's Drive müssen wir diesmal natürlich auch wieder entlang fahren, auch wenn wir ihn bereits kennen. Der Loop ist nicht nur lohnend wegen der schier unglaublichen Farbenvielfalt, die die Bergflanken entlang der Strecke zu bieten haben - vor allem am Artist's Point. Schon die Fahrt auf der schmalen Straße allein ist totales Vergnügen - meist in steiler Berg- und Talfahrt. Haben wir uns beim letzten Mal hier hauptsächlich an der Artist's Palette aufgehalten, so widmen wir uns diesmal ausführlicher anderen Highlights am Wegesrand. Zum Beispiel einem rötlichen Schlammhügel, der aussieht wie eine hingeträufelte Sandburg, den tiefschwarzen vulkanischen mit riesigen Lavabomben gespickten Gerölllawinen, durch die sich unsere Straße windet. Einen aparten Kontrast bilden die silbernen Desert Hollys, die hier überall Fuß gefasst haben. Den "Mushroom", einen riesigen pilzförmigen Lavabrocken am Ende des Loops finden wir nicht mehr. Weggeschleppt hat ihn wohl niemand, offenbar irren wir uns mit der Lage. Wir entdecken ihn auch nicht bei der Fahrt nach Badwater - er müsste von der Hauptstraße aus gut zu sehen sein.
   Dafür sehen wir im Gegensatz zum letzten Mal das Schild hoch oben in der Felswand gegenüber dem Badwater-Parkplatz mit Markierung des Meeresspiegels. Nicht, dass wir damals hier dumpfbackig herumgelaufen sind, ohne zu wissen, dass der Fleck 80 Meter unter Sea Level liegt. Aber solange man nicht in solchen Tiefen rumschwimmen muss, sondern festen Boden wie sonst auch unter den Füßen hat, wird einem die Besonderheit dieses Ortes nicht wirklich bewusst. Mit Bezugspunkt diesmal schon - immerhin können wir uns jetzt genau vorstellen, wie weit über uns in nicht allzu großer Entfernung die Wellen des Pazifiks an die Ufer branden.
   Die Salzkruste des Talbodens hat eindeutig schon bessere Zeiten erlebt - sie kommt uns heute um einiges brauner vor als beim letzten Mal. Wir hoffen, dass dies (noch) nichts mit Erderwärmung zu tun hat, deren Auswirkungen auf diesen einzigartigen Ort Wissenschaftler und Ranger bereits seit einigen Jahren mit Sorge beobachten. Möglicherweise sieht's hier Ende September und nach langer Trockenperiode immer so aus. Jedenfalls gucken wir diesmal ganz genau, wohin wir unsere Füße setzen, muss ja nicht sein, dass wir die verbliebenen Salzpfannen und hübschen weißen Kristalle zertrampeln und weiter dezimieren.
   Die Sonne steht schon tief, als wir uns auf den Rückweg zu unserer Bleibe machen und unterwegs dem Devil's Golf Course noch einen kurzen Besuch abstatten. Der Golfplatz sieht immer noch so aus, wie wir ihn in Erinnerung haben. Als wir aber unseren Blick über die gesamte Fläche schweifen lassen, haben wir den Eindruck, dass Badwater diesem Areal heuer verdammt ähnelt, farblich zumindest. Aber natürlich ist die Beschaffenheit der Salzkruste hier eine ganz andere: Der Boden ist komplett ausgetrocknet, aufgeplatzt, übrig sind nur noch gewaltige und scharfkantige Schollen mit weißlichem Mini-Salzüberzug an den Spitzen. Linda versucht, diesmal die Kristalle scharf aufs Foto zu bekommen.
   Der nette Mushroom ist uns nicht vergönnt. Auch während der Fahrt zurück finden wir ihn einfach nicht mehr. Er ist wie vom Erdboden verluckt, oder wir sind blind. Die letzten Sonnenstrahlen nutzen wir noch für einen kleinen Spaziergang durch das quasi vor unserer Haustür liegende Devil's Corn Field mit seinen vom Wind freigeblasenen Mesquite-Wurzelstöcken. Irgendwie haben wir während des ganzen Sightseeings - trotz regelmäßigem Zugriff auf unsere Getränke - nicht mehr daran gedacht, nach den Plastikbeuteln mitsamt ehemaligen Eiswürfeln zu sehen. Als wir daheim unsere Klamotten aus dem Auto ausladen, steht im Fußraum hinterm Fahrersitz das Wasser. Mithilfe von Handtüchern wird die Sauerei aufgesaugt, über Nacht dürfte das wieder trocken sein. Morgen müssen wir uns etwas anderes für die Aufbewahrung von Eis und Getränken überlegen. Und frische Handtücher sind eh' fällig.
    Eigentlich wollten wir abends mal probieren, Fotos von der Milchstraße zu machen. Hier im Nichts ist der Sternenhimmel unglaublich klar, keine störenden Lichter weit und breit und kein Vollmond. Wir verschieben es mal lieber auf morgen - trotz vermeintlicher Windstille wabern heute fette Dampfschwaden vom Restaurant neben und über uns hinweg und legen eine feine Dunstschicht übers Gelände. Seltsame Wetterlage heute, selbst nach dem Abendessen liegt noch ein Hauch davon in der Luft - keine optimalen Bedingungen. So belassen wir es beim Ausklingen unseres Wüstentages hinter unserem Hüttchen auf der Schwelle unserer zugemauerten Tür, trinken noch etwas Wein und fügen dem Qualm noch den unserer Zigaretten hinzu.

   Wie wir einem Infozettel der Rezeption entnehmen, können wir die ganzen Loops durch die Berge in Richtung Panamint vergessen - die kleinen Sträßchen sind alle wegen Flashflood-Schäden gesperrt. Jammerschade, aber was soll's: Dann nehmen wir eben die Hauptstraße, die wir ja auch noch nicht kennen.
    Wie erwartet ist der Teppichboden in unserem Auto wieder knochentrocken. Nach Einlösen unseres zweiten Eisbeutel-Gutscheins treffen wir heute andere Maßnahmen für die Kühlung unserer Getränke: Der nicht näher gekennzeichnete Zinkkübel aus unserem Zimmer (alle anderen Gefäße zur Entsorgung unterschiedlichen Mülls sind detailliert beschriftet) ist perfekt - da passen sowohl Eis als auch fünf Flaschen rein. Und dicht sollte er auch sein. Wir klemmen ihn zwischen Rückenlehne und Sitzbank.
   Die Passstrecke vom Haupt- ins westliche Nebental führt durch vulkanisch geprägte, in Form und Farben recht abwechslungsreiche Landschaften. Die Zufahrten zu den Nebenstraßen gucken wir uns zwar nochmal genauer an, aber an den Sperr- und Warnschildern trauen wir uns dann doch nicht vorbeizufahren - schon gar nicht mit unserem Fahrzeug.
    In dieser einsamen Weite in einen Stau zu geraten ist eine ziemlich absurde Vorstellung. Aber genau das passiert im Panamint-Tal. Uns sind unterwegs wohl mehrere entgegenkommende Baulaster aufgefallen, aber hier stehen jetzt ganz viele, dazu noch Dampfwalzen und ein Mann mit Stoppschild auf der Fahrbahn. Na ja, Stau ist etwas übertrieben, aber man steht, vor uns um die sechs Fahrzeuge und alle warten wir in der Bruthitze. Irgendwann gesellt sich ein "Follow-Me" zu uns und es geht in Schritttempo weiter, zunächst bis Panamint Springs, wo wir eine Rast einlegen wollten, das Restaurant aber ziemlich geschlossen aussieht. Der Parkplatz davor ist gesperrt.
   Nach einem weiteren Stopp hier übernimmt ein anderer Pickup-Lotse und wir schlängeln uns auf der nicht aufgerissenen Spur hinter ihm einen weiteren Pass hinauf, zwischen hohen Lavawänden hindurch und mit manch netten Einblicken zurück ins Tal. Leider können wir nicht einfach irgendwo stehenbleiben und müssen so lange mittuckeln, bis der Convoy aufgelöst wird. Das passiert erst einige Meter vor unserem heutigen Ziel, dem Father Crowley Vista Point am Scheitelpunkt des Passes - weiter wollten wir ohnehin nicht fahren. So rollen wir jetzt auf den Parkplatz und wollen erst einmal ausgiebig die Aussicht genießen. Von hier aus sieht man so gut wie überhaupt nicht in irgendwelche Täler - wir befinden uns auf einem ausladenden Plateau, über dessen Rand man lediglich die obersten Spitzen weit entfernter Bergketten erkennen kann.
   Dank einer Staubwolke entdecken wir jetzt auch die kleine Stichstraße, die anscheinend zum richtigen View Point führt. Da wir nicht zu Fuß in der Hitze dorthin laufen wollen - sieht ganz schön weit aus - wagen wir uns auf die Piste, die sehr holperig aussieht. Vorsichtig schaukeln wir durchs Gelände, weichen tiefen Löchern und gröberen Steinbrocken aus. Unser Impala hält sich wacker und bringt uns brav ans Ende des Plateaus - gottseidank war hinter uns keiner mit Allradfahrzeug, der hätte sich bedankt.
   Das hier nennen wir schon eher Vista - von hier ist der Blick hinunter ins Panamint Valley wirklich grandios. Und die unmittelbare Umgebung hat auch Sehenswertes zu bieten - überall liegen riesige aufgebrochene Lavabrocken herum und zeigen sich so von einer erstaunlich farbenfrohen Seite. Das haben wir auch noch nirgendwo gesehen. Die kleinen Büschchen hier oben sehen auch etwas fröhlicher aus in ihrem satten Grün. Ein netter Platz für eine Pause. Unser Kübel hat sich mitsamt Inhalt bis jetzt auch gut gehalten - nichts verschüttet, nichts durchnässt, die Getränke sind herrlich kühl. Zeit für eine Zigarette. Leider ist eines unserer Feuerzeuge leer, beim zweiten klemmt das Rad. Obwohl die Löcher dafür immer noch vorhanden sind, wurden die Zigarettenanzünder aus hiesigen Fahrzeugen schon seit langem verbannt. Wieder mal zeigt sich, dass wir zu einer selten gewordenen Rasse zählen: Nicht mal die vier Jungs aus dem Campingbus neben uns haben irgendetwas Brauchbares, Streichhölzer hätten sie wenigstens bei sich führen können, Mist. So leisten die E-Glimmstengel wieder mal treue Dienste.
   Auf der Rückfahrt entsinnt sich Hans unserer Lupe, die wir zum Entziffern von Kleinstgedrucktem dabei haben. Zum Entzünden einer Zigarette haben wir sie noch nie genutzt, aber es funktioniert - ein paar Sekunden draufhalten, schon raucht's. Natürlich während eines Stopps am Straßenrand. Ein Follow-Me fängt auch bald wieder ein paar Autos auf dem Weg nach Panamint Springs ab. Diesmal kehren wir hier ein, Parkplatz und Restaurant sind offen. Zu einer Riesentasse Kaffee gibt's Hotdogs, die Wahnsinns-Kombination, aber irgendwie konsequent und passend in dieser ziemlich abgefahrenen Kulisse aus Wüstenzauber, aufgegrabener Oase und Dampfwalze. Der Schulbus auf dem Weg ins Todestal fügt sich denn auch nahtlos in diese Idylle ein.

   Dass wir uns jetzt auf den Weg zu Scotty's Castle machen, verstehen wir selbst nicht ganz. Wahrscheinlich ist's einfach eine logische Fortsetzung unserer skurrilen Impressionen, die die Wüste heute für uns bereithält. Eigentlich waren wir uns beim letzten Besuch dort einig, dass man sich diese geballte Geschmacklosigkeit wirklich sparen kann. Aber die Fahrt dorthin ist ja wunderschön und der Ubehebe-Krater dann auch gleich in der Nähe. Und der ist das wahrhaft lohnende Ziel, wenn man diese weite Strecke zurücklegt.
   Pink Floyd und Dire Straits begleiten uns durch Traumkulissen, bis wir wieder vor dem unsäglichen Bauwerk des irren Millionärs stehen. Diesmal gucken wir uns das Ding mal aus der Nähe an. Schöner wird's einfach nicht. Gewaltig gebrannt hat es auch irgendwann - ein guter Teil der ehemals sehr hübschen, riesigen Fächerpalmen ist total verkohlt. Ein Bild des Jammers.
   Die Schatten sind lang geworden. Wieder ärgern wir uns, nicht gleich zum Ubehabe Krater gefahren zu sein - jetzt wird's wieder nur ein Kurzbesuch. Eigentlich wollten wir diesmal um den Krater herumwandern und länger hier herumlaufen. Wir geben Gas, um noch das letzte Sonnenlicht ausnutzen zu können. Die Vulkanlandschaft hier zählt für uns zu den beindruckendsten Orten im Death Valley. Der Krater ist immens, die verschiedenen Ascheschichten leuchten im Spätlicht in sanften Rottönen.Die ganze Landschaft außer dem Kraterinneren ist pechschwarz, winzige Kristalle glitzern am Boden und an allen Flanken. In die Aschehügel rundum hat die Erosion weiche Wellen modelliert. Die kleinen Büschchen überall sind zwar jetzt knochentrocken, sehen aber sehr hübsch im dunklen Umfeld aus. Ein paar Salzablagerungen in flachen Mulden bringen auch noch etwas Farbkontrast zum Schwarz dieser Gegend. Dämliches Schloss - jetzt verschwindet die Sonne. Morgen kommen wir wieder her!
   Heute werden wir zum Dinner an einen Tisch mitten im Raum geseatet, wo schon eine vierköpfige Gruppe sitzt. Leere Tische, auch aufgeräumte, gäbe es zur Genüge. Sehr fröhlich gucken die Tischgenossen nicht gerade drein. Als unser Chardonnay kommt, kann's Linda wieder mal nicht lassen und fragt unsere Bedienung, ob wir uns an einen anderen Tisch setzen können. Klar, meint sie, und schnappt sich unsere Gläser. Na bitte, geht ja. Als wir den Vieren noch einen schönen Abend wünschen und uns auf die andere Gangseite verabschieden, gucken sie wieder komisch.
   Heute ordern wir mal Spaghetti Bolognese. Die Küche scheint überfordert zu sein, wir warten ewig. Egal, wir haben eh' nichts Besseres vor hier im Outback. Neben uns sitzen Italiener, die sich über etwaige Gründe austauschen, weshalb sie noch keine Getränke bekommen haben. Opa mutmaßt, sein Bier würde erst nebenan gebraut. Der mit dem Wasser hat Glück, das kommt nach 20 Minuten. Opa wartet immer noch, als unsere Spaghetti kommen. Sie schwimmen in einer rötlichen, dünnflüssigen Sauce, Spuren von Hackfleisch sind auch nach gründlichster Suche bis zum Tellerboden nicht zu orten.
   Der Sternenhimmel heute ist unglaublich. Wir packen unser Fotozeug mitsamt Taschenlampe und laufen einfach von unserer Hütte schnurgerade hinaus in die stockdunkle Wildnis. Die Milchstraße ist so hell, da muss 'was gehen. Belichtungsreihen werden gemacht, Sekunden gezählt, alles mögliche ausprobiert. Leider braucht irgendein Unglückseliger ausgerechnet jetzt Sprit, und an der nahen Tanke geht Flutlicht an. Da es nicht wieder ausgeht, flüchten wir zur Rangerstation, wo es relativ dunkel ist. Lange setzen wir unsere Session nicht mehr fort. Dem Gestank nach befindet sich genau hier die Sickergrube der Anlage - uns haut es schier um.
   Genug Stress gehabt für heute. Den Sternenhimmel genießen wir noch ganz relaxt auf unserem Stammplatz hintem Hüttchen, mit Feldstecher und Wein. Wie immer überprüfen wir den Freiraum unter unserer Türschwelle, ein prima Unterschlupf für diverses Getier. Hans hat heute mal zwei dicke Kissen angeschleppt, das Brett ist auf die Dauer recht hart.
    Die Milchstraßenfotos haben wir leider nur mit starkem Bildrauschen zuwege gebracht, Bildbearbeitung hat später auch nicht viel gebracht. Viel haben wir sicher nicht falsch gemacht, wir hätten wohl einfach ein viel lichtstärkeres Objektiv benötigt.


   Was für ein trauriger Tag: Es ist unser letzter hier im Death Valley. Zwar liegen noch drei Tage Urlaub vor uns, die verbringen wir aber auf der Piste. Die Interstate 70 im Norden nach Denver ist immer noch flutgeschädigt und zahllose Umleitungen sind zu erwarten. Sicherer ist, wenn auch ein Irrsinnsumweg, die Route über Arizona, New Mexico und dann rauf durch Colorado.
   Heute ist's schon in der Früh derart heiß, dass man es auf unserem Stammplatz nicht aushält. Dass wir nicht schon früher auf die Konstruktion mit Stativ und Schirm gekommen sind...sie ist perfekt! Ein kleines Tier krabbelt aus dem Schatten des Busches vor uns und direkt auf uns zu - Linda freut sich schon, endlich mal eine Eidechse hier zu Gesicht zu bekommen. Aber es ist ein Exmplar einer anderen Gattung, ein Skorpion, noch dazu ein ziemlich großer. Eigentlich müsste man etwas zum Größenvergleich danebenlegen (die Hand etwa ;-)), er ist fast handgroß mit ausgestrecktem Schwanz. Und wir haben uns jeden Abend hier herumgepelzt. Gut, dass wir sowas nicht in die Hütte mitgeschleppt haben, etwa in den Kissen gestern. Aber der "Giant Hairy Arizona Scorpion" gehört zu den relativ harmlosen Vertretern seiner Art, wie uns Google zuhause verrät. Jedenfalls bekommt`s der arme Kerl mit der Angst zu tun, als Linda sich zu Fotozwecken zu lange zu ihm runterbeugt, und steuert zügig einen Steinhaufen an.

   Eine Überraschung anderer Art hält die Kassiererin des General Store für uns bereit: Sie informiert uns über den "general Shutdown" und dass die amerikanische Regierung zahlungsunfähig ist. Wir verstehen erst nicht ganz. Die daraus resultierenden Konsequenzen dann schon eher, nämlich dass wir heute hier außer auf der Hauptstraße nirgendwo im Park herumfahren können, alles gesperrt, kein Service, keine Ranger. Da wir sonst auch nicht viel anderes gemacht haben, stört es uns nicht besonders.
   Mit unserem bewährten Eiskübel machen wir uns auf den Weg - zunächst zum Salt Creek und danach wie geplant nochmal zum Ubehebe Krater. Die Piste zum Salt Creek Parkplatz ist nicht gesperrt, dann geht's sowieso zu Fuß weiter. Wie wir schon befürchtet haben, müssen wir diesmal den Spaziergang ohne die netten Winzlinge von Pupfischen im Bach machen; und auch ohne Bach - er ist weg, übrig nur sein Bett mit aufgeplatzten Erdschollen. Trotzdem ganz hübsch hier mit der recht üppigen Vegetation. Diesmal drehen wir eine wesentlich längere Runde auf dem Lehrpfad.
   Freie Fahrt auch von der Hauptstraße rauf in Richtung Scotty's Castle und Ubehebe Crater - keine Sperre oder Hinweis auf welche. Einer unserer Lieblingsabschnitte dieser Strecke sind die weißen und gelblichen Hügel aus angeschwemmtem und erodiertem Geröll, die wir bei der Rückfahrt unbedingt nochmal näher erforschen wollen. Viel los ist unterwegs nicht, es kommen uns nur mehr Fahrzeuge entgegen als in unserer Richtung fahren. Wir ahnen Übles, als die Insassen einiger von ihnen wie Windmühlen ihre Arme schwenken. Und dann ereilt er uns, der Shutdown - nach 40 Kilometern und fast am Ziel. Die Zufahrt zum Ubehebe Krater ist gesperrt, und das war's. Es soll einfach nicht sein mit der Wanderung. Wir sind sauer, aber andererseits hätte uns hier heute wahrscheinlich der Schlag getroffen komplett ohne Schatten und bei der Hitze.
   So kehren wir um, stoppen dann bei einer weiteren gesperrten Zufahrt, zu einem Campingplatz, hängen etwas ratlos rum und rudern auch mal mit den Armen in Richtung ankommender Fahrzeuge. Eines davon gesellt sich bald zu uns, und wir erfahren von dem älteren kanadischen Ehepaar was überhaupt los ist. Außerdem wie so oft eine unterhaltsame Lebensgeschichte und dass die Lady aus Berlin stammt. Eine halbe Stunde später verabschiedet man sich, wünscht sich eine gute Weiterreise und zieht seiner Wege.
   An der Junction zur Hauptstraße steht inzwischen ein Riesen-Schild mit Sperrhinweis zum Castle und Ubehebe Krater. Die Zufahrt zum Salt Creek ist jetzt auch dicht, Glück gehabt. Am Salzsee nördlich von Furnace Creek etwas unterhalb der Hauptstraße sind wir bisher stets nur vorbeigefahren, ohne ihn näher zu erforschen. DIE Gelegenheit, das jetzt nachzuholen. Heute erfreut er sich generell bei Besuchern größter Beliebtheit, da frei zugänglich. Wahre Völkerwanderungen bewegen sich zwischen parkenden Autos und salzigem Ufer. Unter gnadenloser Sonne laufen auch wir hinunter bis dahin, wo der Boden beginnt, matschig zu werden, ein gutes Stück weiter, als man von der Straße aus vermuten würde. Hier sieht's um einiges lebendiger aus als bei Badwater, viele kleine Flüsschen durchziehen die salzige weiße Fläche, erstaunlich ist die üppige Vegetation, die mit diesem Boden klarkommt. Mit Fotografieren wird es erst mal nichts, ausgerechnet jetzt ist die Speicherkarte voll, eine leere haben wir nicht bei uns. Also: wieder zurückgewandert in der Bruthitze, Speicherkarte aus dem Auto geholt und neuer Anlauf. Unser Aufenthalt hier hält sich in Grenzen, wir müssen langsam aus der Sonne raus.
   Zeit für eine Rast in Furnace Creek und ein kühles Getränk - unsere Eiswürfel haben heute bald den Geist aufgegeben. Das Thermometer beim General Store zeigt 42 Grad Celsius im Schatten an. Die Idee, sich mal ein Eis zu genehmigen, hatten wohl mehrere Leute: Die Gefriertruhe ist bis auf den Grund ausgeplündert, übrig sind nur noch einige Lollys in unsäglichen Farben. Linda taucht zwei pink-grün gestreifte heraus - sie schmecken so wie sie aussehen: ziemlich merkwürdig. Woher der Dicke, der ein paar Minuten nach uns aus dem Store herauskommt, das gelbe, mit Sicherheit Zitroneneis, hervorgezaubert hat, ist unbegreiflich. Das wäre uns auch lieber gewesen...
   Wie immer hüpfen freche Stare zwischen Tischen und Stühlen umher und gucken, wo etwas für sie abfällt. Bei uns nicht, das Eis dürfte ihnen auch nicht so zusagen, aber bei jeder Menge anderer Schatten- und Rastbedürftigen, die heute hier eingekehrt sind. Ein größerer Vogel kreuzt derweilen zügig die Straße und läuft durchs Eingangstor hinaus in Richtung Parkplatz. Wir trauen unseren Augen nicht: Einen Roadrunner hätten wir hier inmitten des Trubels nicht erwartet. Und dann tut er uns auch noch den Gefallen, am Rasen draußen stehen zu bleiben, bis wir ihm nachgepirscht sind. Im Gegensatz zu unserem ersten vor zwei Jahren, den wir gerade mal ein paar Sekunden zu Gesicht bekommen haben, ist dieser recht unscheu. Ein paar Schritte im Gras, gucken, dann mal unter einen Busch, dann mal wieder raus. Eine irre Einlage - wir sind begeistert! Irgendwann nach langer Zeit, als ihm zu viele Paparazzi auf die Pelle rücken, mag er nicht mehr posieren und verlässt die Szene über die Hauptstraße hinein in die Pampa.
    Wir machen uns auch wieder auf den Weg, ein letztes Mal in Richtung Süden, entlang der wunderschönen farbigen Bergketten. Gerne wären wir nochmal den Artist's Drive gefahren, natürlich Fehlanzeige und gesperrt. Absolutes Dead End dann vor Badwater, ab hier geht's überhaupt nicht mehr weiter. Pech für alle, die vorhatten, über diese wunderschöne Route das Tal zu verlassen. Glück für uns, die wir morgen ohnehin vorhatten, über Beatty in Richtung Las Vegas nach Osten aufzubrechen - derzeit die einzige Möglichkeit, hier herauszukommen (worum wir uns ja gar nicht reißen, aber es heißt nun mal morgen endgültig Abschied nehmen).
   Mittlerweile ist es später Nachmittag geworden, schönes Licht für einen Besuch bei unseren Lieblingshügeln gegenüber des kleineren Mesquite-Dünenfelds. Etwas moderater sind die Temperaturen jetzt auch und angenehm, um hier eine Weile zwischen den hübschen Formationen umherzulaufen - pastellfarben geschichteten und in weiche Wellen gelegten Hügelketten, dazwischen eingestreut riesige Geröll- bzw. Schlammberge, die aussehen, als würden sie beim nächsten Regen wie eine Sandburg zerfließen.
   Heute lassen wir uns Zeit, ehe wir zum Dinner einlaufen - wir wollen unsere Empfangsdame nicht stressen, gegen 21 Uhr ist's ruhiger. Gut gelaunt teilt sie uns dann mit, dass wegen des Shutdown gleich dichtgemacht wird und wir im Restaurant nichts mehr zu essen bekommen. Glück haben wir aber beim bisher verschmähten Saloon nebenan. Hier gibts jede Menge Tische zur freien Auswahl und außerdem supergute Chickenwings.
   Unnötig zu erwähnen, dass wir auch hier keinen Handyempfang hatten. Lindas Mama konnte sich dennoch über mehr als genügend Lebenszeichen freuen: Unsere 10-Dollar-Telefonkarte war nicht mal annähernd ab- geschweige denn leer zu telefonieren. Nach drei sicher über 20-minütigen Pläuschchen war sie immer noch über dreiviertel voll. Gut zu wissen für's nächste Mal...

1111 Meilen nordostwärts - nach Denver in drei Tagen

Wie immer an solchen Tagen fällt uns der Abschied schwer. In Beatty nehmen wir am späten Vormittag noch ein ausgiebiges Frühstück zu uns und stellen uns mal wieder einer neuen Variante, einer Zapfsäule Sprit abzuringen, ehe wir unsere unausweichliche und lange Rückreise antreten. Unerwartet flott passieren wir sowohl Las Vegas als auch den angeblich dauerverstopften Hoover Dam. Kingman erreichen wir so früh, dass wir noch locker den Loop der Route 66 nach Seligman abklappern können. Vom alten Charme dieser Strecke ist kaum noch etwas übrig geblieben. Heute ist's nur noch ein entbehrlicher Umweg mit einer einzigen Tanke, die an alte Zeiten erinnert, mit Endpunkt Seligman, vom Kultort mittlerweile mutiert zu einem jämmerlichen Schrotthaufen entlang der Durchgangsstraße.
   Übernachtung in Williams und Weiterfahrt nach Osten. Die Interstate in Richtung New Mexico ist eine quasi durchgehende Baustelle mit Geschwindigkeitsbegrenzungen zwischen 25 und 40 mph. Albuquerque erreichen wir präzise zum Feierabendstau, Las Vegas New Mexico, unser heutiges Etappenziel bei Dunkelheit. Vom netten Städchen mit altem spanischen Ortskern bekommen wir leider nichts mit, wir sind heilfroh, überhaupt ein Motel hier zu finden - die wären alle an der nächsten Autobahnausfahrt gewesen - Beschilderung: 0 Punkte!
   Letzter Tag, 4. Oktober - durch Colorado in den Norden nach Denver und Rückkehr in einen frühen Winter. Alle Tankstellen haben vor ihre Schaufenster bereits Berge von Frostschutzmittelflaschen gestapelt. Irgendwo linker Hand müssten eigentlich die Rocky Mountains stecken. Aber wie bei der Anreise ist uns auch heute wegen tiefsthängender Wolken kein einziger Blick auf ihre erhabene Silhouette vergönnt. Irgendwann, sagen wir uns, wird's schon klappen - wir kommen wieder.