Grand Canyon - Black Sand und Biscuit Basin, Upper, Midway, Lower, Westthumb Geyser Basin

Yellowstone South Loop: Bunte Pools und früher Wintereinbruch

   Bye,bye Mammoth Hot Springs - fast schade, dass wir schon wieder weiterziehen. Aber auf uns warten ja noch weitere vier Tage in der zauberhaften Landschaft von Yellowstone und die farbenprächtige, fauchende und blubbernde Vielfalt hydrothermaler Phänomene im südlichen Teil des Parks.
   Unser erstes Tagesziel, den Grand Canyon of the Yellowstone, erreichen wir wegen diverser Bisonstudien erst kurz nach Mittag. Offenbar haben wir uns für hier nicht gut vorbereitet (zählte nicht zu unseren Prio-A-, lediglich zu den "gucken wir uns aber auch an"-Zielen). Die zahlreichen Zufahrtsmöglichkeiten zum Canyon verwirren uns etwas, wir landen zunächst am Aussichtspunkt Upper Falls. Zu sehen gibt's einen ganz hübschen Wasserfall, am Parkplatz unseren Mammoth-Cabin-Nachbarn sowie einen lustigen Oldtimer und einen Raben, der hingebungsvoll die Scheibenwischer eines Pickups zerlegt.
   Beim "klassischen" Aussichtspunkt Lower Falls - hier haben sich gerade ein paar Reisebusse entleert - gibt's selbst für Alpenroutiniers wie uns eine absolut beeindruckende Kulisse zu bestaunen, wunderschön vor allem die rosa- und ockerfarbenen Wände der Schlucht. Eine Wanderung entlang des West Rim halten wir in Grenzen - es ist saumäßig zugig geworden und düster. Wir machen uns auf den Weg zum Old Faithful und seiner Lodge, die ab heute unser "Basislager" für die kommenden Tage sein wird.

   Stockfinster für die Tageszeit, schwarze, bedrohliche Wolken, und gründlich gegossen hat's hier wohl auch, Pfützenspringen ist angesagt: Trotz alledem befällt uns beim Anblick dieser Traumlocation mit Yellowstones berühmtestem Geysir direkt vor der Nase heiterer Überschwang. Beim Bezug der uns zugewiesenen Cabin eher nicht: 105 ist eine von 4 (insgesamt im Camp um die 100) Hütten in reichlich unglücklicher Lage - flankiert auf einer Seite von Parkplatz mit hoher Mauer, Cafeteria-Rückseite mit Abluftanlagen sowie Anlieferzone der Lodge, auf der anderen von den Herrentoiletten für Budget-Cabin-Bewohner. Als wir unser Gepäck in die Hütte bugsieren, quetscht sich bereits der erste Eilige samt Klorolle an uns vorbei. Einen Zimmerwechsel hält sogar Hans diesmal für erstrebenswert.
    Unseren ersten Abend am Old Faithful können wir dann ganz entspannt angehen - morgen bekommen wir ein anderes Hüttchen. Die Cafeteria ist recht gemütlich, wir angeln uns am Buffet die letzten beiden Mini-Chardonnays und ordern Lasagne - diesmal nicht Unzen, sondern big and small. "Lustige Gläser habt ihr da", meint unser Kassierer. Außer den Salat-Dip-Bechern aus Plastik haben wir nichts geeignetes gefunden (die Maxi-Styroporteile wollten wir nicht). Nach dem Zahlen - erfreulich wenig für einen Ort wie diesen - informiert er uns noch ganz beiläufig, dass es ab übermorgen schneien wird. Na ja, er muss ja nicht recht haben...

    Ein stahlender Morgen. Heute wird stilvoll in der Cafeteria auf dem Sofa und mit Old-Faithful-Blick inklusive Eruptionen gefrühstückt - ein grandioses Plätzchen! Und danach unsere Hütte geräumt, das umliegende Gelände erforscht - Visitor Center, General Store, das Old Faithful Inn mit seinem einzigartigen Interieur aus Holzgalerien und natürlich das Upper Geyser Basin abgewandert. Erste Amtshandlung ist, uns eine stinknormale Telefonkarte für 10 Dollar zuzulegen, seit der Flutkatastrophe sind Lindas Eltern besorgter als üblich und freuen sich über Lebenszeichen.
   Nach unserem Rundgang hält uns der gute alte Faithful noch eine Zeit lang fest: Direkt davor hat sich zwischenzeitlich ein Bison niedergelassen. Wie nett von ihm - Linda ist ganz aus dem Häuschen. Total gelassen kauert er da, hinter ihm streiten weniger gelassene Lebewesen um die besten Plätze, schimpfen über Vordrängler und solche, diespäter als sie gekommen sind und jetzt in die vorderste Reihe wollen, wo sie doch schon ewig hier sitzen u.s.w. Das wollen wir auch und robben gebückt unter den Stativen vorbei, netterweise rücken ein paar Japaner zusammen und wir quetschen uns mit auf die Bank. Vor lauter Bison-Gucken - und der Geysir fängt gerade auch noch an loszulegen - bekommt Linda das Tele nicht auf die Kamera. Der freundliche Nachbar macht sie auf die beiden roten Punkte aufmerksam, die beim Einsetzen übereinander stehen müssen...
   So attraktiv unser Hausgeysir ist: Seine nicht ganz so berühmte, aber schillernde, artenreiche Verwandschaft hier im Upper Geyser Basin kann absolut mithalten. Schön für uns, sie ausgiebig kennenlernen zu können - wir haben glücklicherweise mehr Zeit zur Verfügung als die Besucher, die hier im Eineinhalbstundentakt aus den Reisebussen zur Old-Faithful-Eruption gescheucht und nach dem Ereignis gleich wieder eingesammelt und zum nächsten Highlight weitergekarrt werden. "Sie können Ihren Rundgang so planen, dass Sie die Eruption eines jeden Geysirs beobachten können. Die Eruptionszeiten erfahren Sie im Visitor Center", so eine Parkbroschüren-Anregung, der wir ursprünglich folgen wollten. Tun wir jetzt aber doch nicht, da wir keine Lust haben, kreuz und quer hier im Gelände herumzuspringen, um bei den jeweiligen Ausbrüchen pünktlich zugegen zu sein. Ist ja nicht so, dass die Geysire wanderweggerecht und schön hintereinander eruptieren.
   Wir erfreuen uns lieber ganz gemütlich an den kleinen und großen, bunten, plätschernden, fauchenden Schönheiten in dieser unwirklichen Landschaft und verlieren uns in der Betrachtung von Details: die lustig blubbernden Bläschen des Aurum Geysers, klare blaue, grüne oder rostfarbene Pool-Abgründe, knallrote Algenteppiche oder der farbenprächtige, markant strukturierte Beckenrand des Doublet Pools, dessen Ausläufer teilweise an Tintenfischarme mit Saugnäpfen erinnern. Wie der Name schon verrät, handelt es sich hier um zwei Pools - vor lauter Saugnapfrandgucken entgeht uns allerdings diese Tatsache.
   Bei einer Rast mit Blick auf die weißen Gespenster abgestorbener Kiefern - in den aktiven Basins werden sie irgendwann von Silicium gekillt - scheinen wir unbeabsichtigt gleich Zeuge der Grand-Geyser-Eruption zu werden. Eine geführte Gruppe Japaner ist im eiligen Anmarsch. Besonders spektakulär wird's dann nicht, er hat wohl gerade keine Lust auf große Action.
   Ausgesprochen schillernde Gesellen sind der Chromatic und Beauty Pool, die uns lange in ihrem Bann halten. Dumm, dass die Zeit so verfliegt und uns zu allem Überfluss langsam die Füße weh tun. Irgendwas im Zusammenhang mit dem Morning Glory Pool haben wir missverstanden: In der Annahme, dass er eh' nur in der Früh so strahlend rüberkommt wie überall abgebildet, beschließen wir, dort nicht mehr hinzulaufen - wäre noch über einen Kilometer hin (und wieder zurück). Wir nehmen uns vor, ihm morgen von Norden her einen Besuch abzustatten.
   Zum Abschluss unserer Runde erleben wir unseren Old Faithful mit Bilderbuch-Ausbruch, die Menge tobt und jauchzt. Unser Bison treibt sich auch noch herum - belagert von Schaulustigen, wartet er geduldig auf eine Möglichkeit, etwas ungestörter den Holzsteg beim Camp zu überqueren. Wir trauen unseren Augen nicht.


   Unser neues Hüttchen ist perfekt - und mit Riesenkiefer davor. Ihre dichten, wie schützende Arme ausgebreiteten Zweige werden wir noch zu schätzen wissen...Frisch aufgefüllt sind die Chardonnay-Vorräte der Cafeteria, unsere "Gläser", die geschickten Dip-Becher, werden vom Kassierer nur noch kommentarlos belächelt. Dafür wiederholt er seine gestrige Prognose, dass morgen Schnee kommen wird. Und er freut sich schon auf seine baldige Versetzung in den Yosemite-Nationalpark, Kalifornieren ist so schön warm.



    Heute stehen all die hübschen Juwelen weiter nördlich in Richtung Madison zur Erkundung an: Black Sand, Biscuit, Midway und Lower Geyser Basin. Den Morning Glory Pool canceln wir rigoros - der Fußmarsch dorthin würde zu viel Zeit beanspruchen. Etwas besorgt bezüglich der Wetterentwicklung - dicke Wolken und verdammt kalt, als läge tatsächlich Schnee in der Luft - sehen wir lieber zu, dass wir zur Grand Prismatic Spring kommen, ehe sie womöglich bis auf weiteres in Düsternis verschwindet. Wäre jammerschade - auf dieses Prachtstück haben wir uns ganz besonders gefreut. Linda hat hartnäckig recherchiert, wie man zu dem höher gelegenen View Point gelangt, von dem aus der Pool in seiner ganzen Schönheit überhaupt erst zu sehen ist.
   Heute haben wir alles dabei, was wärmt: Zweitpullover, Jacken und Stirnbänder - und auch gleich nach dem Aussteigen im Einsatz. Die Sonne bahnt sich auch noch ganz wacker ihren Weg durch große Wolkenlücken, als wir das Black Sand Basin in der westlichen Old Faithful Area durchwandern. Die Highlights hier sind der hübsche Emerald-Pool mit seinem breiten goldgelben Bakteriensaum, der heftig vor sich hin eruptierende Cliff Geyser und der knallrot gestreifte Abfluss der Iron Spring in den nach ihr benannten Creek.

    Der anschließende Rundgang durch das Biscuit Basin ist eher ein Blindflug als eine Wanderung mit Sightseeing. Wir erinnern uns an das Gejammer eines Yellowstone-Fans, der auf seiner Page (mit fantastischen Mammoth-Terrassen-Fotos) über mangelndes Dampfvorkommen klagte. Wir haben Mammoth nicht in solch spektakulären Farben erlebt wie der Bedauernswerte, dafür haben wir Dampf hier, und zwar so viel, dass wir kaum etwas sehen...Wir laufen hier ziemlich orientierungslos und nicht allzu lange herum. Die Identifizierung der hier abgelichteten Pools und Geysire war hinterher - zu Hause - äußerst knifflig und mit langen Recherchen verbunden (gleich alle Schilder zu fotografieren wäre praktischer gewesen, fiel uns aber leider nicht ein...)

    Bange sehen wir der Begehung des Midway Geyser Basins entgegen. Auch dort wabern dicke Dampfschwaden übers Gelände, aber wenigstens scheinen sie nicht so festzusitzen wie vorhin, und außerdem kommt die Sonne jetzt wieder öfters durch. Jedenfalls sollte man sich nicht (wie wir) den Besuch der Toiletten für hier aufheben - man steht eine Ewigkeit an. Der Platz ist ähnlich beliebt bei Besuchern wie der Old Faithful. Nach der Schlange vorm Klo reihen wir uns ein in die Schlange der Basin-Besucher, die sich nach dem Flaschenhals Firehole-River-Brücke aber gleich wieder auflöst und in mehrere Richtungen verteilt.    Hier wird's wieder so richtig bunt, es heißt nur Geduld haben. Wo auch immer eine kräftige Windbö Dampf wegbläst, werden tiefblaue Pools und leuchtend grüne, rote und den Himmel wiederspiegelnde filigrane Terrassen diverser Quellabläufe enthüllt. Überall glitzert und plätschert es - ein fantastisches Farbspektakel, an dem man sich gar nicht satt sehen kann. Schicke Pools gibt's natürlich auch, etwa den Opal Pool mit seinem rostroten Rand, der sich sogar völlig nebelfrei präsentiert oder den gigantischen Excelsior Geyser, der es vorzieht, sich hinter penetrant festsitzenden Dampfwolken zu verstecken. Hier kann man lange warten, um einen Blick auf sein kristallklares und tiefblaues Wasser werfen zu können.
   Unangefochtener Superstar des Midway Geyser Basins ist Grand Prismatic Spring, DAS Juwel aller Thermalquellen hier überhaupt und mit fast 100 Metern Durchmesser auch noch die drittgrößte weltweit. Einsehbar ist sie hier unten nur ein klein wenig, sie liegt eingebettet in einem riesigen, ganz flach ansteigenden Kegel und damit für den Betrachter in Augenhöhe (zumindest für Linda). Nur ein blauer Schimmer lässt durchblicken, wie riesig dieser Pool ist. Umwerfend sieht Grand Prismatic Spring jedenfalls schon von hier unten aus - ihre gigantischen satt orangefarbenen Abläufe leuchten sogar durch die ganzen Dampfschwaden hindurch. Wie dieses Wunderwerk der Natur von oben betrachtet aussieht, wollen wir natürlich auch wissen.
    Gemäß Lindas Notizen müssen wir dazu wieder ein Stückchen nach Süden zurückfahren. Wir haben uns bei der Herfahrt schon gewundert, was auf dem Parkplatz los ist, von wo aus ein längerer Wanderweg zu den Fairy Falls führt. Dieses Ziel ist uns bis dato nicht als Must-Have hier in Yellowstone untergekommen. Aber jetzt klickt's wieder und wir quetschen uns irgendwo dazwischen. Wenigstens müssen wir nicht fürchten, als einsame Wanderer im Gelände und durch den Wald einen Hügel rauf von Bären angefallen zu werden. (Linda hatte da ihre Bedenken.)

   So wandern wir entspannt den Firehole River entlang,
Weggefährten bimmeln lustig vor sich hin - seit dem Besuch des Old Faithful Giftshops ist die Bedeutung der Glöckchen auch bis zu uns durchgedrungen - bisher haben wir angenommen, sie dienen größeren Reisegruppen dazu, auf den Stegen in den Basins zusammenzubleiben. Nach einem guten Kilometer befinden wir uns auf Grand-Prismatic-Höhe und wählen einen der zahlreichen in höhere Gefilde führenden Trampelpfade aus. Wir sehen zwar niemanden, aber Stimmen um uns herum verraten, dass hier überall Leute unterwegs sind. Eine Zeit lang hangaufwärts gekrabbelt, über umgestürzte Bäume geklettert, dann sind wir da - auf einer kleinen Lichtung mit freier Sicht auf das Basin und das Prismatische Auge.
    Es ist wirklich umwerfend, und von hier oben kann man erst erkennen, wie gigantisch seine Ausmaße sind. Für diesen Anblick wären wir glatt auch noch weiter nach oben geklettert…Schön, dass sich auch die dicken Wolken einigermaßen zurückhalten, sodass wir dieses Feuerwerk an Farben voll auskosten können. Wie so oft lichten wir auch hier glückliche Menschen inklusive uns vor dekorativem Hintergrund ab - diesmal keine große Action, denn die Besucher verteilen sich am Hügel recht gut, und unseren Aussichtspunkt teilen wir nur mit vier weiteren.


    Irgendwann nach langer Zeit schaffen wir es, uns von diesem Farbrausch loszureißen und weiter zu ziehen, nach Norden zum Lower Geyser Basin und dem Fountain Paintpot. Kurz vor dem Ziel disponieren wir erst einmal um und begeben uns auf den Firehole Lake Drive - eine querende bzw. auf der Fahrbahn verweilende Bisonherde verursacht einen Megastau. Bisons gucken wir zwar immer wieder mit Begeisterung an, aber hier stünden wir ganz hinten, die Bisons ganz weit vorne. Vom Loop aus haben wir dagegen beste Sicht auf das lustige Spektakel - wie immer mit kreuz und quer stehenden Autos, dazwischen überall die Tiere, Leute, die rumlaufen und einen Ranger, der die Leute wieder in ihre Autos zurückscheucht. Immer wieder eine vergnügliche Einlage.
    Vielleicht hätten wir den kleinen Loop gar nicht gemacht,aber er ist durchaus lohnend, wie wir jetzt finden - mit türkisblauen Pools am Wegesrand, der knallbunten Firehole Spring und Kiefern, die sich mit ihren typischen weißen Silizium-Söckchen in bunten Seen spiegeln. Den hübschen White Dome Geyser gleich am Anfang des Firehole-Lake-Wanderwegs heben wir uns lieber für später auf. Hier läuft gerade ein gröberes Fotoshooting mit auf Kommando hüpfendem Kind vor Geysir, und wie es aussieht, wird es dauern, bis Daddy zufriedenstellende Ergebnisse im Kasten hat - womöglich noch mit Eruption im Hintergrund, wenn Kind in der Luft...
   Inzwischen sind die Temperaturen empfindlich gefallen und es ist ganz schön zugig geworden. Die Dampfschwaden über den Wanderstegen nehmen auch schon wieder zu und beginnen, die Sicht auf's Gelände zu erschweren. Die farbenfrohe Landschaft des Firehole Lake präsentiert uns jetzt eher ihre geheimnisvolle Seite - größtenteils eingehüllt in Nebel. Eigentlich auch sehr hübsch. Dennoch halten wir unsere Runde hier kurz und besuchen noch einmal den White Dome Geyser, mittlerweile ist er unbelagert und qualmfrei.

    Weiter geht es nun den kleinen Loop Drive entlang zum Fountain Paintpot. Der Weg vom Parkplatz ins Basin führt mitten durch zauberhafte pastellige und kräftig rostrote Wasserspiegelungen. Eisen ist hier die vorherrschende Ablagerungsform - die blassen, knorrigen Stümpfe der abgestorbenen Kiefern bilden einen hübschen Kontrast zum knallrot glitzernden Boden. Silex Spring hat Knallblau zu bieten - auch sehr apart mitten im Rot. "Farbtopf" ist in der Tat keine übertriebene Bezeichnung für den Ort hier.
   Dem gemütlich vor sich hinblubbernden Schlammloch mit zartrosa Rand könnten wir stundenlang zugucken. Träge steigen dicke Blasen, etwas flotter die kleinen aus der zähflüssen Suppe auf und zerplatzen dann in den tollsten Formen. Wir freuen uns wie die Schneekönige, so etwas endlich mal aus nächster Nähe zu erleben. (Der Besuch beim Top-Vertreter solcher Phänomene, Mud Volcano, war ein ziemlich unwürdiger - kurz vor Einsetzen der Dämmerung und bei Vollbewölkung. Dort müssen wir unbedingt nochmal hin.)
    Für einen gelungenen Abschluss unserer Runde sorgt noch Clepsydra Geyser, der sehr effekt- wie geräuschvoll und vor allem ununterbrochen mehrere Fontänen auf einmal in die Luft schleudert.
   Wo wir gerade in der Nähe sind, fahren wir noch kurz durch den Firehole Canyon. In dem schmalen Flusstal ist's ziemlich düster, da schon spätnachmittags. Eine gigantische Calderawand erhebt sich auf der anderen Flussseite, der Rest eines "moderateren" Vulkanausbruchs vor 100.000 Jahren (was wir allerdings da noch nicht wissen). Ehrfürchtig stehen wir vor der beeindruckenden Hinterlassenschaft der vermeintlichen Supereruption von vor 640.000 Jahren und bestaunen ihre Dimensionen. Der Wapiti-Kuh am Straßenrand ist's jedenfalls egal, wie alt die Wand ist und dass wir hier herumstehen.
    Abends fallen wir etwas müder als sonst in unserer Cafeteria ein. Der Kassierer-Spruch des Tages lautet diesmal "Ihr seid ja immer noch da". Linda steht samt vollbeladener Tabletts noch ein Weilchen an der Kasse herum, während Hans zur Hütte zurück muss, um den Geldbeutel aus dem Rucksack zu holen, den er heute mal nicht mit zum Essen mitschleppen wollte.


   Beschwingt lassen wir den neuen Tag angehen, der entgegen unserer ursprünglichen Planung nun nicht mehr der letzte im Yellowstone sein wird. Wir haben beschlossen, noch zwei Nächte anzuhängen, am liebsten hier am Old Faithful (ob das klappt, erfahren wir erst am Abend) oder anderenfalls in West Yellowstone. Heute schmecken Capuccino und Zimtschnecken besonders gut und der Alte spuckt gewaltiger denn je.
   War es bis 10 Uhr ein freundlicher Tag, beginnt sich während der Fahrt zum Lake Yellowstone der Himmel mehr und mehr zuzuziehen. Grant Village, dem wir einen Kurzbesuch abstatten, steuert dem Saisonende entgegen und liegt bereits so gut wie im Dornröschenschlaf. Bis auf den parkplatzquerenden Wapiti-Bullen eine völlig ungewohnte Impression im sonst eher stark frequentierten Park der Superlative.
   Normalität kehrt wieder am Westthumb Geyser Basin ein - recht voller Parkplatz inklusive Bussen, von denen einer gerade seine Insassen in Richtung Toilettenhäuschen ausspuckt. Lindas Anmerkung, Grant Village wäre DIE Gelegenheit gewesen, ist überflüssig, denn nun sind wir hier und außerdem müssen wir überhaupt nicht.
   Schade, dass sich mittlerweile die Sonne komplett verabschiedet hat. Recht ungemütlich sind auch die eisigen Brisen, die vom See aus über die Stege fegen. Bange verfolgen wir das rapide Zusammenballen fetter schwarzer Wolken - es sieht verdächtig nach Regen aus. Egal, hier gibt's wieder einiges zu sehen und das in attraktiver Seelage: jede Menge milchiger Pools, den leuchtend grünen Seismographic (Lindas erklärter Pool-Favorit), den (warum auch immer so genannten) Black Pool - eigentlich ist er richtig schön blau und besitzt rot-grüne Abläufe - sowie Abyss Pool, der an einem Tag wie diesem nur sehr eingeschränkte Einblicke in seinen berühmten Abgrund zulässt.
   Die eigentlichen Stars des Westthumb Basin sind, wie wir finden, die Geysire im See: Fishing Cone, ein kleiner Bilderbuchkegel im Wasser, Lakeshore Geyser mit Pool und Big Cone, einen überdimensionalen Fladen am Ufer. Glück gehabt und bisher keinen Regen.
   Wir fahren weiter, den See und die Westthumb-Bucht entlang, die der Krater einer gewaltigen Eruption vor 162.000 Jahren und der Bereich ist, wo Lake Yellowstone mit 146 Metern am tiefsten ist. Mitunter lässt es sich nicht vermeiden, einen Stau zu verursachen - so wie wir, auch noch in einer Kurve. Der kleine Maultierhirsch am Seeufer ist viel zu nett um einfach vorbeizufahren, zumal wir bisher nur seine größere Verwandschaft zu Gesicht bekommen haben. Unser Auto passt gerade so in eine winzige Bucht hinterm Seitenstreifen. Nachfolgenden Schaulustigen, die sich bald einfinden, bleibt nicht anderes übrig, als die Straße zu blockieren. Stoppen steckt hier einfach an.
   Lake Yellowstone kehrt wieder mal seine dramatische Seite raus: sturmgepeitscht, tiefschwarz und Wellen mit Schaumkronen. Beim Besuch eines Strands der Westthumb Bay weht es uns schier weg - schade, ist eigentlich ein sehr hübsches Plätzchen. Und richtig wild, überall liegen riesige Lavabrocken und die bleichen Gerippe zahlloser entwurzelter Bäume herum. Bei der momentanen Beleuchtung perfekt in Szene gesetzt.
   Für eine längst überfällige Mittagsrast steuern wir die Picknick Area am Gull Drive an, einem Mini-Loop kurz vor Bridge Bay. Wir haben das Plätzchen für uns ganz alleine, in einem Kiefernwald und mit Seeblick von weiter oben - unter anderem auf den hässlichen Lake Village Hotelkasten. Kaum ausgestiegen, findet sich ein weiterer Gast ein, ziemlich frech rückt er uns auf die Pelle. Offenbar freut sich der Kiefernhäher, dass wieder mal Fressbares hier ausgepackt wird - und wir freuen uns, dass er so ausgiebig für Fotos posiert. Dass er sich unseren letzten Keks vom Tisch schnappt, haben wir - zugegeben - nicht verhindert, aber als Revierinhaber einer Picknick-Area sollte er ein solches Häppchen ohne gröbere Schäden wegstecken können.
   Die Umgebung von Fishing Bridge näher zu erkunden ersparen wir uns - es hat begonnen zu regnen. Nach einer Stunde Kaffee- und Giftshop-Pause im General Store (nichts aufregendes zu finden - hübsch sehen die Korbstühle am überdachten Eingang aus, sind aber etwas sperrig zum Mitnehmen) gießt es. Zeit, zur Lodge zurückzukehren. Gut, dass wir nicht zum Canyon Village müssen - die Straße ist gesperrt. Uns schwant Übles. Die Strecke zum Old Faithful ist frei, dafür bekommen wir auf Höhe der Continental Divide den ersten Schneefall ab.
   Die Wetterprognose - stets aktuell im Visitor Center einzuholen - ist niederschmetternd: Schneefälle die nächsten drei Tage. Die gute Nachricht: der Zettel in unserem Hüttchen mit der Bitte, uns schnellstmöglich bei der Rezeption zu melden, denn wir könnten noch zwei weitere Tage bleiben. Dumm gelaufen, aber wir entscheiden uns für die ursprüngliche Reiseplanung: Abreise morgen. Heute strahlt unser Cafeteria-Kassierer wie ein Honigkuchenpferd: "Hab ich's nicht gesagt?" Jetzt ist es also soweit: Abschiedsabend mit Chardonnay und Spaghetti Bolognaise. Ein wenig traurig sind wir schon...

    Es schneit. Old Faithful gibt wie immer sein Bestes, aber heute gelingt es ihm nicht, die übliche Fangemeinde um sich zu versammeln. Unser Bison treibt sich auch wieder herum und sieht vorm Visitor Center nach dem Rechten. Wir brechen auf zu unserer letzten Runde durch den Park und ganz gemütlich in Richtung West Yellowstone. Diverse Pool- und Geysir-Besichtigungen verkneifen wir uns, meist gießt es, um Madison herum gibt's Schneegestöber.
   Einen Vorteil hat das Wetter - wir finden problemlos ein Quartier. Offenbar sind viele Besucher geflüchtet. Unser erster Handgriff im gemütlichen Holzhäuschen ist der zur TV-Fernbedienung und Zappen zum Weather Channel. Regengüsse und Schnee bis weit nach Utah hinein, so die 7-Tage-Prognose. Die US-Wetterfrösche sprechen alle von ungewöhnlich frühem Wintereinbruch. Kurzentschlossen haken wir Craters of the Moon, Bonneville Salt Flats, Dinosaur National Park (wieder mal - es soll einfach nicht sein...) und die Gegend rund um Grand Junction ab. Wir fahren runter ins Death Valley. Der Eineinhalbtage-Besuch dort vor zwei Jahren war eh' viel zu kurz.
    Übermütig und berauscht vom Gedanken an wohlige Wärme und Wüstenzauber klappern wir im Schneeregen Giftshops ab, kaufen Holzbisons, Wackelelche, Eisschrank-Magnete, ein paar T-Shirts und einen lustigen bunten Windsack. Anschließend gibt's Dinner bei Bullwinkles: für Hans etliche Unzen Steak und für Linda Ribs.